Haarausfall Sandelholz wirkt gegen Haarausfall

Bochum · Bochumer Biologen berichten über die verblüffende Wirkung eines Duftstoffs auf die Zellen der menschlichen Kopfhaut.

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Foto: SZ

(byl) Etwa 350 Geruchssensoren sitzen auf der zehn Quadratmillimeter großen Riechzone in der Schleimhaut unserer Nase. Jeder kann einen speziellen Duftstoff erkennen, im Zusammenspiel erzeugen sie in unserem Gehirn den Eindruck eines Geruchs. Solche Sensoren finden sich aber nicht nur in den Schleimhautzellen der Nase. Forscher der Uni Bochum haben sie auch in mehreren anderen Organen entdeckt. Dazu gehören die sogenannten Keratinozyten, das sind Zellen, die die äußerste Schicht der Haut bilden. Sie haben einen Riechrezeptor (OR2AT4), der unter anderem auf einen synthetischen Sandelholzduft, Sandalore genannt, anspricht. Das Sandelholzaroma kommt in Räucherstäbchen vor und ist auch in Parfüms enthalten.

Allerdings reagierten Hautzellen auf den Geruchsstoff vollkommen anders als die Zellen im sogenannten Nasendach, berichten die Biologen. In der Haut kurbelten sie die Zellteilung an, sie beschleunigten so einen für die Wundheilung wichtigen Prozess. Nun haben sie ihre Untersuchungen auf die Kopfhaut ausgedehnt und erklären, dass Sandelholzduft möglicherweise auch Haarausfall bekämpfen kann.

Das Aroma verlängere die Wachstums­phase der Haare um etwa ein Drittel, erläutert der Bochumer Biologie-Professor Hanns Hatt. Die weit verbreitete und preiswerte synthetische Substanz habe damit das Zeug, die häufigste Form des Haarausfalls zu bremsen. Das gelte „vor allem bei hormon- oder stressbedingtem diffusem Haarausfall.“

Über die Ursache des Haarausfalls rätselt die Medizin seit Jahren. Die lange verbreitete Annahme, dass dabei männliche Sexualhormone wie das Testosteron eine Rolle spielen, sei falsch, erklärten Forscher der Universität Greifswald im vergangenen Jahr. Eine Untersuchung mit 373 Teilnehmern habe gezeigt, dass „weder Haardichte noch Haarwachstum in einem direkten Zusammenhang mit Testosteron stehen“.

Ein Haar besteht aus einer Wurzel und dem sogenannten Schaft, der aus der Kopfhaut herausragt. Der Lebenszyklus eines Haares umfasse drei Phasen, erklärt Hatt. Deren längste ist die Wachstumsphase, die bis zu acht Jahre dauern kann. Bis zu 90 Prozent aller Kopfhaare eines Menschen befinden sich in dieser Wachstumsphase. Es folgt ein mehrwöchiger Übergang; das Wachstum des Haares endet und es löst sich von der Wurzel. Nach der sechs Monate dauernden Ruhephase werde das alte Haar abgestoßen und ein neues wachse nach, erklärt der Biologe. Die häufigste Ursache des Haarausfalls liege zumindest zu Beginn nun nicht darin, dass die Haare nicht mehr nachwachsen, sondern dass sich ihre Wachstumsphase verkürze, erklärt Hatt. Diesen Prozess könne das Sandelholzaroma offenbar bremsen, zeigten die Untersuchungsergebnisse, bei denen die Forscher der Ruhr-Universität mit Wissenschaftlern der Universität Manchester und dem Monasterium Laboratory in Münster zusammenarbeiteten.

Substanzen wie Sandalore oder Brahmanol hätten in Labortests die Wachstumsphase der Haare um etwa ein Drittel verlängert und die Ruhephase verkürzt. Die Wissenschaftler erwarteten deshalb, „dass sich auch die Lebensdauer der Haare in ähnlichem Umfang erhöht“, erklärt Hatt. Unklar sei bislang, welche natürlichen Substanzen im Haarfollikel den Rezeptor stimulieren.  

„Ich gehe davon aus, dass Duftstoffe wie Brahmanol oder Sandalore in Haarwassern oder Shampoos zum Einsatz kommen könnten, um die Lebenszeit der Haare zu verlängern“, erklärt Hanns Hatt. Erste Tests bestätigten das auch. Ob diese im Labor gewonnenen Werte auch in der Praxis Bestand haben, solle nun in einer größeren Studie untersucht werden. Sie sei bis zum Jahresende geplant. Rund 1000 Testpersonen sollen daran teilnehmen.

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