Faasend De Tasch es noch von da Greesen-Oma

Saarwellingen · 395 Jahre währt die Greesentradition schon in Saarwellingen. Das bunte Treiben lockt seit jeher am Fetten Donnerstag die Narren aus nah und fern zum Feiern an.

 Die Mitarbeiter einer Saarwellinger Firma warfen sich in Kostüme – alle mit dem Motto Alice im Wunderland.

Die Mitarbeiter einer Saarwellinger Firma warfen sich in Kostüme – alle mit dem Motto Alice im Wunderland.

Foto: Johannes A. Bodwing

Ein Markenzeichen mit Seltenheitswert, das sind die Greesen in Saarwellingen. Nur dort taucht diese Spezies jedes Jahr am Fetten Donnerstag in den Straßen auf. Mittlerweile seit 395 Jahren. „Wir haben schon an Weihnachten mit den Hufen gescharrt“, sagte Jennifer Marchand vor dem Rathaus. Weil es diesmal so lange gedauert hatte, bis wieder Weiberfastnacht war. Sie gehörte zu einer fünfköpfigen Greesentruppe und kommt vom rechten Saarufer aus Beaumarais. Aber der Greesenvirus stecke auch ihr im Blut.

„Die Gene für die Greesen werden von Mutter zu Tochter vererbt“, versicherte Ingrid Gantner aus Fraulautern. Schon die „Oma wor genau so well wie mir“, bestätigte Tochter Melanie. Früh am Morgen standen die närrischen Weibsleit vor dem Spiegel. „Die Schuh senn Nagelschuh vom Opa“, erklärte Marchand. „De Tasch es noch von da Oma. Die riecht ach so.“ Dazu kommen Blusen, Röcke, Hüte und Umhänge wie Anno Dazumal.

„Ich bin extra aus Stuttgart angereist“, betonte Michael Klingels. Er sei ein Ur-Saarwellinger. Am Donnerstag war dann aus dem jungen Mann eine Greese geworden. „Wir machen das“, erklärte Tanja Gerster aus Saarwellingen, „weil wir die Ur-Faasend aufrecht halten wollen“. Die geht in Saarwellingen zurück bis ins Jahr 1624. Von da stammt die älteste urkundliche Erwähnung einer Saarwellinger Faasend.

 In Saarwellingen scheuen Vampire nicht mal Sonnenlicht.

In Saarwellingen scheuen Vampire nicht mal Sonnenlicht.

Foto: Johannes A. Bodwing

Der Wellinger Greesentag gilt heute als einzige überlieferte Alt-Weiber-Faasend an der Saar. In dieser Tradition blieb ein Teil des alemannischen Brauchtums bis heute erhalten. Unter „Grees“ wird ein „altes schrumpeliges Weib“ verstanden, eine Oma oder Großmutter. Andere bringen es in Verbindung mit Schmugglergeschäften, bei denen sich Saarwellinger als alte Frauen verkleideten. Womöglich spielt auch der Französische Sprachschatz hinein. Demnach lehnt sich „Grees“ an „graise“ an und bedeutet Fett und Schmalz. Diese Deutung passt zum Erscheinungstag dieser sonderbaren Gestalt. Immer am Fetten Donnerstag, wenn sie nach alter Überlieferung „siebenmal mit fettigem Maul aus dem Fenster schauen soll“. Das Treiben der Greesen ist in seiner starken Ähnlichkeit mit dem alemannischen Brauchtum auf jeden Fall einmalig an der Saar. Und das läuft an der Weiberfastnacht in Saarwellingen auf hohen Touren mit einem besonderen „Greesentag“.

 Greesen ganz traditionell

Greesen ganz traditionell

Foto: Johannes A. Bodwing
 Küsschen fürs Foto beim Saarwellinger Greesentag

Küsschen fürs Foto beim Saarwellinger Greesentag

Foto: Johannes A. Bodwing

Um 11 Uhr zogen ein Sternmarsch und ein größerer Umzug zum Schlossplatz vor dem Saarwellinger Rathaus. Ab Mittag wurden Gaststätten und Festzelte vorübergehend zu Rückzugsgebieten von Greesen und anderen närrischen Gestalten. Für den Abend standen ab 19.11 Uhr der Rathaussturm und ein Höhenfeuerwerk auf dem Programm. „Wir machen da auch noch mit“, sagte die fünfköpfige Greesentruppe bestimmt. Einige Schritte weiter überbrückten Mitarbeiter einer Saarwellinger Firma die Zeit bis zum Abend, während aus dem Festzelt Stimmungsmusik schallte. „Die Firmenleitung ist tolerant“, sagte einer von ihnen. „Auch wenn wir morgen etwas angeschlagen zur Arbeit kommen.“

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