Saarbrücker Filmfestival Ein Blick zurück auf 40 Ophüls-Jahre

Saarbrücken · Was plant das Filmfestival Max Ophüls Preis für seinen Jubiläumsjahrgang? Den 40. feiert es mit einer Jubiläumsreihe, einer Festschrift und mit einem Ausflugs aufs Land – das Saarbrücker Festival geht „uff de Schnerr“.

 Eine Ausleuchtung, fast wie in einem Film Noir. Festivalleiterin Svenja Böttger, Programmleiter Oliver Baumgarten (links) und Ophüls-Geschäftsführer Thomas Brück (Grüne) gestern im Saarbrücker Filmhaus. Rechts oben schmaucht der Festival-Namensgeber Max Ophüls

Eine Ausleuchtung, fast wie in einem Film Noir. Festivalleiterin Svenja Böttger, Programmleiter Oliver Baumgarten (links) und Ophüls-Geschäftsführer Thomas Brück (Grüne) gestern im Saarbrücker Filmhaus. Rechts oben schmaucht der Festival-Namensgeber Max Ophüls

Foto: dpa/Oliver Dietze

Alles Gute zum Geburtstag: Für das kommende 40. Filmfestival Max Ophüls Preis erhöht die Stadt Saarbrücken ihre Unterstützung um 70 000 Euro auf insgesamt 400 000. Der Etat des Festivals liegt so, mit Förderung aus Landesmitteln und von Sponsoren, diesmal bei 1,1 Millionen Euro. Eine einmalige Erhöhung sollen die 70 000 Euro nicht sein. Das betonten gestern Oberbürgermeisterin Charlotte Britz (SPD) und Kulturdezernent/Ophüls-Geschäftsführer Thomas Brück (Grüne) bei der Pressekonferenz zum Jubiläumsjahrgang (14.-20. Januar). Brück ist „zuversichtlich, dass die Erhöhung manifestiert wird, das Festival hat quer durch alle Parteien Unterstützung“.

Zu seinem 40. Geburtstag blickt das Festival mit einer Filmreihe auf seine Historie zurück, gezeigt und kommentiert „von Leuten, die Geschichte mitbringen“, wie Programmleiter Oliver Baumgarten sagt. In 40 Festivaljahren seien um die 3500 Filme gelaufen, zehn habe das Festival ausgewählt, einer davon sei besonders zwingend gewesen: Frank Ripplohs „Taxi zum Klo“, der 1981 den Ophüls-Preis gewann und das noch junge Festival bundesweit bekannt machte – hatte die Jury doch einen Film ausgezeichnet, der sich mit expliziten Bildern einer schwulen Biografie widmet, was die konservative Presse damals entsetzte und sie von einem „Porno“ sprechen ließ.

Zuspruch gab es damals unter anderem von der Berlinale, deren damaliger Leiter Wolf Donner das Saarbrücker Festival für seine Wahl beglückwünschte, was durchaus Widerhall in der bundeseutschen Filmszene fand. „Taxi zum Klo“, dessen Regisseur 2002 starb, läuft nun beim Festival in einer frisch restaurierten Fassung und bietet ein Wiedersehen mit dem Ophüls-Urvater: Albrecht Stuby wird den Film vorstellen.

Auch nach Saarbrücken kommt einer der wichtigsten Regisseure des deutschen Kinos (und auch Fernsehens): Dominik Graf („Die Katze“, „Die geliebten Schwestern“) zeigt seinen Psychothriller „Das zweite Gesicht“, der 1982 den Preis der Leserjury der Saarbrücker Zeitung gewann. Eine Gesprächsrunde mit Graf, Filmemacher wie Kinokenner und -liebhaber, könnte ein Kleinod des Festivals werden.

Schauspielerin Christiane Paul zeigt Mark Schlichters rasanten Berlin-Film „Ex“, den sie 1995 drehte; Regisseurin Barbara Albert zeigt ihren Kurzfilm „Nachtschwalben“ und ihren Spielfilm „Nordrand“. Ein guter Bekannter des Festivals ist der österreichische Filmemacher Arash T. Riahi, mehrfach als Regisseur präsent oder als Produzent (zuletzt mit „Die Migrantigen“ und „Cops“ in Saarbrücken) – er zeigt seine iranisch-österreichische Familiengeschichte „Exile Family Movie“, die 2007 den Ophüls-Dokumentarpreis gewann. Doppelt familiär wird es bei der Vorführung des Max-Ophüls-Films „Liebelei“ aus dem Jahr 1933: Ophüls-Sohn Marcel (91) wird nach Saarbrücken kommen und dort seinen Enkel Benjamin Seyfert treffen. Ophüls stellt auch einen eigenen Film vor, die sehr selten laufende TV-Produktion „Wir wollen uns ein Luftschloss bauen“ von 1970. Auch vom Saarbrücker Regisseur Wolfgang Staudte läuft ein Film –  seine 1962er „Dreigroschenoper“, die einzige 35-Millimeter-Vorführung (im Achteinhalb) des ansonsten digitalen Festivals.

Und die filmische Gegenwart? In den vier Wettbewerben (Spiel-, Kurz, Doku- und Mittellanger Film) versprechen Festivalleiterin Svenja Böttger und Programmleiter Baumgarten einiges: Aus 900 Einreichungen habe das Festival 62 Filme ausgewählt, die thematisch zwar breit gefächert seien, aber doch einige Schwerpunkte zeigten: „Bei den Spielfilmen geht es oft um das Thema Migration und auch um Kritik am Kapitalismus“, sagt Böttger, „oft wird das aber mit Mitteln des Genre-Kinos erzählt.“ Unter anderem gebe es da einen Science-Fiction-Film („Das letzte Land“) und einen Zombiefilm um zwei Frauen in einer Welt überwiegend männlicher Untoter („Endzeit“).

Im Dokumentarfilm, erklärt Baumgarten, gehe es in diesem jahr vor allem um „Engagement und eine eigene Haltung“. Gleich zwei Filme  („Congo Calling“ und „Rote Erde Weißer Schnee“) beschäftigten sich „mit westlicher Entwicklungsarbeit“, die trotz guter Absichten „dann doch knapp am Kolonialismus vorbeischrammt“. Auch um Isolation und Einsamkeit gehe es (Baumgarten: „Wir haben gleich zwei Filme, in denen eine Gummipuppe mitspielt“), um „körperliche Grenzüberschreitungen und Missbrauch – zum Teil krass erzählt“. Ein Dokumentarfilm bietet ein Wiedersehen mit der Visconti-Muse und Jet-Set-Größe von einst: „Helmut Berger, meine Mutter und ich“ erzählt, wie eine junge Frau, deren Mutter für Berger schwärmt, den Schauspieler kontaktiert und ihn auf den heimischen Hof einlädt; Berger kommt – und bleibt für ein paar Wochen.

Bei den Orten des Festivals gibt es diesmal Neuerungen: Der Festivalclub „Lolas Bistro“ zieht nach den beiden Jahren zuvor vom alten C&A nun in die ehemalige Hauptpost am Bahnhof (wir berichteten). Und zu den bewährten Ophüls-Kinos Cinestar, Filmhaus, Kino Achteinhalb und Camera Zwo kommen diesmal zwei dazu: die Kinowerkstatt St. Ingbert und die Thalia Lichtspiele in Bous.  „MOP Uff de Schnerr“ nennt das Festival die Idee, sein Programm auch jenseits Saarbrückens zu zeigen, auch um „zu unterstreichen“, wie Festivalleiterin Svenja Böttger sagt, „dass die Kinodichte im Saarland hoch ist und dass es hier wunderschöne Kinos gibt“. Jeweils zwölf Vorstellungen aus dem Wettbewerb wird es in den Kinos geben.

Im Rahmenprogramm wird sich ein zweitägiges Symposium der Hochschule der Bildenden Künste Saar (HBK) mit dem Serienboom und den Streaming-Angeboten beschäftigen, vor dem Hintergrund der Frage, was das häusliche Streamen und das enorme Angebot für das Kino als Kulturort letztlich bedeuten.

Einen Thementag widmet das Festival dem Missverhältnis zwischen der Diversität in der Gesellschaft und deren mangelhafter Widerspiegelung in Film und Fernsehen. Es wird, in Zusammenarbeit mit der Initiative „Label Noir“,  eine Diskussionsrunde geben, außerdem stellen Filmemacher Stoffe zum Thema vor, die eine Jury bewerten wird.

Der Kartenvorverkauf beginnt am 5. Januar (siehe Infokasten) – dann wird auch (in begrenzter Auflage) eine Festschrift zu haben sein, die sich das Festival zu seinem Geburtstag kredenzt hat. 78 Personen, die dem Festival über die Jahre verbunden sind, erinnern sich: Urgesteine wie die Festivalgründer Albrecht Stuby und Michael Beckert etwa – Stuby sah nach einem besucherschwachen Debüt das Festivalschicksal schon als besiegelt an; oder der in Saarbrücken geborene New Yorker Regisseur Manfred Kirchheimer, die früheren Leiter Gabriella Bandel, Philipp Bräuer und Boris Penth, dazu Senta Berger und auch Regisseur Christian Schwochow, dessen Karriere besonders eng mit dem Festival verbunden ist. Der Regisseur von „Der Turm“ und zuletzt „Bad Banks“ hatte seinen ersten Saarbrücker Besuch nicht einmal als Filmnachwuchs – sondern als studentische Hilfskraft bei den Moderationen.

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