Neustart am Saarbrücker Theater „Das Theater soll die Herzen bewegen“

Saarbrücken · Start in die erste Bodo-Busse-Spielzeit: Gestern begrüßte der neue Saarbrücker Intendant erstmals die SST-Mannschaft nach der Sommerpause. Fast jeder fünfte Mitarbeiter ist neu, der Stil von Busses Rede war es auch.

 Generalintendant Bodo Busse (ganz rechts) mit den von ihm neu engagierten Mitarbeitern aus Verwaltung, Technik und dem künstlerischen Bereich auf der Staatstheater-Bühne.

Generalintendant Bodo Busse (ganz rechts) mit den von ihm neu engagierten Mitarbeitern aus Verwaltung, Technik und dem künstlerischen Bereich auf der Staatstheater-Bühne.

Foto: Iris Maria Maurer

Manche Traditionen sind wie Weihnachten: durch Neuerungen schlecht zu toppen. Vermutlich dachte sich das auch der neue Generalintendant des Saarbrücker Staatstheaters und tat gestern das, was seit gefühlten 100 Jahren alle seine Vorgänger getan haben. Bodo Busse lud nach der Theater-Sommerpause zur Ensemble-Begrüßung ins Große Haus, hielt artig eine Rede vor rund 400 Mitarbeitern, stellte jeden Neuen aus Technik, Verwaltung, Ballett oder Dramaturgie einzeln vor: Es waren rund 70. Auch ließ Busse seinem kaufmännischen Kollegen Matthias Almstedt und seinem Aufsichtsratsvorsitzenden, Kultusminister Ulrich Commerçon (SPD) Auftrittsmöglichkeiten.

Doch obwohl Busse formal die alten Muster bemühte, färbte er seinen ersten Chefauftritt originell, weil persönlich ein, mit viel Humor und Witz. Das hatte bei den eher programmatischen Motivations-Ansprachen seiner Vorgänger Seltenheitswert. Wenn sich diese launige Grundhaltung auch in die Spielpläne duchpaust, kann’s heiter werden mit dem neuen Theatermann Busse. Der hat sich offensichtlich intensiv mit der saarländischen Mentalität befasst. So startete er seine Rede nicht nur mit der hiesigen Kontaktaufnahme-Floskel „Unn?“, sondern referierte auch über seine Internet-Recherchen. Dort habe er gelesen. so Busse: „Wer ncht schwenken kann, hat hier nichts zu suchen.“ Deshalb formulierte er gestern eine „inbrünstige Bitte“: „Weisen Sie uns alle in die Kunst des Schwenkens ein, damit wir bleiben dürfen!“ Außerdem warnte er seine Mitarbeiter vor unerwarteten Gefahrenquellen: Neuankömmlinge würden hier zu Lande gerne „umarmt“ und integriert, müssten jedoch, falls dies nicht durch Entgegenkommen honoriert würde, „mit sturer, manchmal irrationaler Kooperationsverweigerung“ der Saarländer rechnen.

Alles nur lustig? Mitnichten. Dank Busses Schnellsprech-Begabung und -Virtuosität packte er mindestens doppelt so viele Aspekte wie bisher üblich in seine etwa 40-minütige Ansprache. Lieferte einen Parforceritt von der „Lust des Beginnens“ und seinem eigenen Saisonstart-Wahlspruch — „Die schreckliche theaterlose Zeit ist endlich vorbei!“ — bis zu Adornos Produktionsästhetik, erläuterte die neue grünblaue Marken-Farbe des Hauses und dessen neues Dachgiebel-Logo, unter dem alle Sparten und Spielstätten Platz fänden. Auch dankte Busse der Landesregierung für die Zusage, zukünftig wieder die Tarifsteigerungen am SST durch Etaterhöhungen auszugleichen. Dies sei ein „starkes Bekenntnis“, eine für das Haus „lebensnotwendige Entscheidung“ und zeige: „Im Saarland denkt man nach vorne und über die Grenzen.“ Außerdem umriss Busse das, was er unter gesellschaftlich relevantem Theater versteht. Politische Wirkung erziele man nicht durch das Abhandeln tagespolitischer Themen, meinte er. Das Theater müsse sich vielmehr als ein Ort für andere Erfahrungen erweisen, für Reflexion, Emotion, Kritik und Phantasie. Das Theater müsse nicht lautstarker Meinungsführer sein, so Busse, die Stärke gründe darin, dass es die Menschen anders berühre, dass man Herzen bewege.

Auch der Kultusminister hatte in seiner Begrüßung auf die gesellschaftspolitische Wirkkraft abgehoben, das „markante“ Spielplanmotto des neuen Teams gelobt: „Freiheit, Gleichheit, Sicherheit“, eine Abänderung des Leitspruchs der Französischen Revolution in Zeiten des Terrors. Müssen wir die Brüderlichkeit aufgeben? Befragen wir die Produktionen ab 10. September.

 Seit 1. August sagt er, wo es lang geht im Saarländischen Staatstheater: Bodo Busse (48) gestern bei der Ensemble-Begrüßung zum Saisonstart.

Seit 1. August sagt er, wo es lang geht im Saarländischen Staatstheater: Bodo Busse (48) gestern bei der Ensemble-Begrüßung zum Saisonstart.

Foto: Iris Maria Maurer

Die Saison wird am 3. September mit einem Theaterfest (ab 15 Uhr) eröffnet, das erstmals alle Spielstätten umfasst und durch ein kulinarisches Angebot auf dem Tbilisser Platz ergänzt wird. Infos: www.staatstheater.saarland.de

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