Kino Allein unter Frauen kann gefährlich sein

Saarbrücken · Die Star-Regisseurin Sofia Coppola spricht über ihren neuen Film „Die Verführten“, einem Remake eines Filmes von 1971.

 Colin Farrell bringt als attraktiver junger Nordstaaten-Soldat John die sittsame Frauengesellschaft ganz schön durcheinander. Hier mit Kirsten Dunst als junge Internatsschülerin Edwina.

Colin Farrell bringt als attraktiver junger Nordstaaten-Soldat John die sittsame Frauengesellschaft ganz schön durcheinander. Hier mit Kirsten Dunst als junge Internatsschülerin Edwina.

Foto: Universal/Ben Rothstein / Focus Features

Star-Regisseurin Sofia Coppola (,,Lost in Translation“) zeigt in ihren Filmen gerne ungewöhnliche Frauen, so auch in „Die Verführten“, der jetzt im Kino läuft. Ein verwundeter Nordstaaten-Soldat landet während des amerikanischen Bürgerkrieges in einem Mädchenpensionat in den Südstaaten. In den emotional und körperlich vernachlässigten Bewohnerinnen, die seit Jahren weitgehend isoliert leben, weckt der gutaussehende Mann Begehren. Und das hat dramatische Konsequenzen. Der Film ist eine Mischung aus Melodram, Thriller und Komödie. Martin Schwickert hat mit der Regisseurin gesprochen.

„Die Verführten“ beruht auf dem Roman von Thomas Cullinan und wurde bereits 1971 von Don Siegel mit dem jungen Clint Eastwood verfilmt. Was hat Sie dazu veranlasst, diesen Stoff neu anzugehen?

COPPOLA Ich habe Don Siegels Film vor vier Jahren zum ersten Mal gesehen. Er ist mir im Gedächtnis geblieben, weil er die Geschichte des Soldaten, der während des Bürgerkrieges verletzt in einem Mädcheninternat aufgenommen wird, von einem typischen Macho-Standpunkt aus erzählt. Aber ich fand die Prämisse des Filmes interessant: Ein Mann umgeben von einer Gruppe Frauen verschiedenen Alters – ich dachte, daraus ließe sich gut ein ganz anderer Film machen, der die Geschichte aus der weiblichen Perspektive heraus erzählt.

Ihre Filme wirken immer sehr persönlich. Wo ist bei dieser Geschichte aus dem amerikanischen Bürgerkrieg der persönliche Bezug?

COPPOLA Beim Schreiben des Drehbuchs habe ich darüber nachgedacht, welche Dinge mich in meinem eigenen Leben mit den Charakteren verbinden. Ich habe ja jede Lebensphase, in der die verschiedenen Frauen in dem Internat stecken, schon selbst durchlebt. Ich weiß, wie sich das Dasein als Teenager anfühlt, genauso wie ich mich in das Leben einer erwachsenen Frau hineindenken kann.

Ähnlich wie in Ihrem ersten Film „Virgin Suicides“ geht es hier unter anderem erneut um weibliche Identitätsfindung...

COPPOLA Ja, das ist ein Thema, dem ich mich sehr verbunden fühle. Als ich jung war, hat man darüber kaum Filme gesehen.

Fehlt diese weibliche Perspektive im Kino auch heute noch?

COPPOLA Als Zuschauerin möchte ich Filme aus vielen verschiedenen Perspektiven sehen und nicht nur aus der Sicht heterosexueller, weißer Männer.

Setzt zur Zeit mit dem Erfolg von Patty Jenkins‘ „Wonder Woman“ auch in Hollywood ein Umdenken ein?

COPPOLA Es ist gut, dass das in Hollywood zum Thema gemacht wird. Ich konnte „Wonder Woman“ leider selbst noch nicht sehen. Aber ich hoffe, dass der Erfolg des Filmes die Türen für mehr Regisseurinnen in Hollywood öffnet.

Ihre Filme zeichnen sich durch eine erzählerische Leichtigkeit aus und wirken gleichzeitig doch hochkonzentriert. Wie finden Sie diese Balance?

COPPOLA Das geschieht erst intuitiv, wird aber später im Schnittraum noch einmal nachjustiert. Mir ist es wichtig, dass meine Filme eine gewisse Leichtigkeit haben und nicht zu bierernst daherkommen.

Eine dieser Szenen ist das Abschieds-Dinner, für das sich die Frauen zurechtmachen und um die Aufmerksamkeit des schmucken Soldaten buhlen...

COPPOLA Wenn Frauen unter sich sind, verhalten sie sich anders, als wenn ein Mann im Raum ist. Aber im Film ist das natürlich noch zugespitzt. Durch den Bürgerkrieg haben die Frauen seit drei Jahren keinen Mann mehr gesehen. So lange sind wir in der Regel heute nicht von der Männerwelt abgeschnitten.

Wie schwierig war es, den richtigen Schauspieler für die Rolle des Hahns im Korb zu finden?

COPPOLA Es war der schwierigste Teil des Casting-Prozesses. Ich brauchte einen Schauspieler, der mit Frauen verschiedenen Alters funktioniert. Er sollte sexy, intelligent und komplex wirken. Colin Farrell ist sehr charmant und charismatisch. Aber er hat auch diese dunkle Seite in sich, die für diese Geschichte sehr wichtig ist.

  Regisseurin   Sofia Coppola   Foto: Guillaume Horcajuelo/dpa

 Regisseurin Sofia Coppola Foto: Guillaume Horcajuelo/dpa

Foto: dpa/Guillaume Horcajuelo

Läuft im Camera Zwo in Saarbrücken.

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