DVD Arnold Schwarzenegger und das Charakterfach

Saarbrücken · Der Film „Vendetta“ erscheint statt im Kino nur auf DVD.

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Foto: KSM

Warum nicht kleinere Brötchen backen? Jetzt, da die Post-Polit-Filmkarriere von Arnold Schwarzenegger mit kolossalen („Sabotage“) und relativen Flops („Terminator: Genisys“) versandet ist, müht sich Kaliforniens Ex-Gouverneur um eine Neu-Erfindung in kleineren Produktionen und anderen Rollen. Einst stand sein Name für Budget- und Gagenrekorde; heute ist der 70-Jährige  als Actionheld überaltert, scheint aber aus der Not eine Tugend zu machen: 2015 spielte er in „Maggie“ einen gramgebeugten Vater, dessen Tochter Opfer einer Epidemie wird. Schwarzenegger überraschte in dieser Verbindung aus Zombie-Film und Vater-Tochter-Drama mit einer anrührenden Darstellung – aber kein Verleih wollte den Film bei uns ins Kino bringen, er erschien direkt auf DVD.

So ergeht es nun auch dem Film  „Vendetta – Alles was ihm blieb, war Rache“, dessen so reißerischer wie austauschbarer deutscher Titel zeigt, wie schwer wohl ein Schwarzenegger-Film ohne Action zu vermarkten ist. Im US-Original heißt er schlicht „Aftermath“, Nachwirkung, und erzählt von einer Katastrophe, die das Leben der beiden Hauptfiguren zu zerreißen droht. Da ist der Fluglotse Bonanos (Scoot McNairy), der einen Moment unachtsam ist – deshalb kollidieren zwei Flugzeuge, alle Passagiere sterben. Bauarbeiter Melnyk (Schwarzenegger), der dabei seine Frau und seine schwangere Tochter verliert, findet nicht mehr ins Leben zurück, während die Existenz des Fluglotsen zerbröckelt: Seine Firma entsorgt ihn mit Abfindung, er zieht weg und versucht, die übermächtigen Schuldgefühle zu bewältigen.

Über weite Strecken erzählt der Film des Briten Elliot Lester schnörkelfrei und ruhig (die Flugzeugkatastrophe ist eine kurze, nahezu stille Szene) von zwei parallel laufenden, erschütterten Leben, deren Wege sich schließlich kreuzen – mit fatalen Folgen. In dem Film, der vage auf dem Flugzeugzusammenstoß über dem Bodensee 2002 und dem Mord an einem Fluglotsen basiert, zeigt Schwarzenegger eine anrührende Darstellung – nicht immer bei Dialogen, die nach wie vor nicht seine Stärke sind. Aber in Blicken, Gesten, im Zusammenkrümmen des Arnoldschen Bärenkörpers unter Schmerz, als er am Absturzort seine tote Frau in einem Baum entdeckt. Das Zusammentreffen von Witwer und Fluglotse verläuft tieftraurig und tragisch – die Szene wirkt fast wie eine Antithese zu der oft ruppig-fröhlichen Selbstjustiz mancher früher Schwarzenegger-Filme. In „Aftermath“ sind die Fragen nach Schuld und nach dem Begriff von Sühne ungleich komplexer.

Erschienen bei KSM.

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