„La Dolce Vita“ als Badewannen-Nummer Dann eben eine Wundertüte auf Rädern

Saarbrücken. · Mit einer Hommage an Frederico Fellini vor dem Schloss eröffnete das Ondadurto Teatro Saarbrückens Sommerszene.

 Traumhaft: ein Soldat, der auf einem mehrere Meter hohen Hochrad hereinrollt, im Schlepptau eine Minibühne, auf der ein armes Hascherl auf einer Bank auf sein Glück wartet.

Traumhaft: ein Soldat, der auf einem mehrere Meter hohen Hochrad hereinrollt, im Schlepptau eine Minibühne, auf der ein armes Hascherl auf einer Bank auf sein Glück wartet.

Foto: Iris Maria Maurer

Er sei eigentlich ein großer Lügner, sagte der italienische Filmemacher Frederico Fellini einmal. Denn in seinen Filmen habe er sich alles neu erfunden, seine Kindheit ebenso wie seine Beziehungen zu Frauen. In seiner Hommage an Fellini hat das Ondadurto Teatro, das am Mittwochabend die Sommerszene auf dem Saarbrücker Schlossplatz vor mehreren hundert Zuschauern eröffnete, die Schraube noch einmal weitergedreht. Lustvoll bedienten sich die Italiener für ihre „Felliniara“ aus den Filmen des Meisters, bauten daraus, wie er selbst es pflegte, einen nicht logischen, eher kaleidoskopartigen Bilderbogen. Die neunköpfige Truppe zog  alle Register der Straßentheaterkunst, verband Schauspiel mit Tanz, Akrobatik und Projektionen und verblüffte mit rollenden, mehrstöckigen Bühnen, die sie in immer neue Kulissen verwandelte.

Waren die Bauarbeiter, die eingangs als Slapsticknummer durch Publikum stürmten, eine Anspielung auf Fellinis-Kindheitsfilm Amarcord? War es auch der orientalische Prinz, der später im ersten Stockwerk des rollenden Bühnengerüst tanzte? Auch wenn es nicht immer leicht war, die wechselnden Szenen Fellinis Filmen zuzuordnen, tat das dem Vergnügen keinen Abbruch. Wie aus einer Wundertüte tauchte typisches Fellini-Personal auf: Nonnen, die sich von einem Dompteur wie ängstliche Raubkatzen herumscheuchen ließen; ein kleinwüchsiger Bischof, der sich in einem Reifrockgestell zum Riesen aufplusterte; Prostituierte, die sich mit ihren Zuhältern in Hotelzimmern streiten und tanzen und in ein Schattenspiel verwandeln.

Wie ein Pop-up-Buch klappen bisweilen die Bühnengerüste auf, um den Blick auf ein Varieté-Tanzpaar wie aus „Ginger und Fred“ freizugeben. Traumhaft auch ein Soldat, der auf einem mehrere Meter hohen Hochrad hereinrollt, im Schlepptau eine Minibühne, auf der ein armes Hascherl auf einer Bank auf sein Glück wartet und von einem grinsenden Herrn in Weiß auf Sprungstelzen umworben wird. Die beiden jungen Leute sind die einzigen durchgehenden Figuren, die ganz wie Alice im Wunderland diese Filmtraumwelten erkunden.

Eindeutiger Höhepunkt ist die Verballhornung einer legendären Szene aus Fellinis Film „La Dolce Vita“ über das ermüdende Leben der Schönen und Reichen. Steigt dort Anita Ekberg majästetisch in den nächtlichen Trevi-Brunnen, so klettert hier die Diva in eine Badewanne und wird von lebenden Brunnenfiguren aus Eimern und Kübeln wie ein Pudel begossen. Da müssen sogar einige Zuschauer ihre Füße hochheben, um trocken zu bleiben.

Zuvor hatten am Mittwoch bereits eine Mini-Brassband, ein Figurenspieler und ein Pantomime mit Non-stop-Auftritten auf dem St. Johanner Markt und dem Schlossplatz eingestimmt. Mit Kurz-Auftritten, die sich in Serie wiederholen, geht die Sommerszene auch am Samstag im Deutsch-Französischen Garten weiter. So könnten die Saarbrücker kommen, wann es ihnen am besten passe, ohne etwas zu verpassen, erklärt Festival-Chef Charlie Bick zu diesem neuen Konzept. Höhepunkt ist am Samstag das Gastspiel „Luther“ mit dem Kölner N.N. Theater um 20 Uhr.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort