Kammermusiktage Mettlach 2019 Stoßlüftung für die Kammermusik

Mettlach · Die neue künstlerische Leiterin der Kammermusiktage Mettlach, Franziska Hölscher, hat gestern ihr erstes Programm vorgestellt. Ihrem Wunsch, „die klassische Konzertsituation etwas aufzubrechen“, wird es durchaus gerecht. Was wird geboten?

 Franziska Hölscher, die Leiterin der Kammermusiktage.

Franziska Hölscher, die Leiterin der Kammermusiktage.

Foto: Irene Zandel

„Eine Luftveränderung“ könnten sie schon gebrauchen, die Kammermusiktage Mettlach, befand Joachim Arnold im vergangenen Jahr. Der Chef von „Musik & Theater Saar“ und Betreiber des Merziger Zeltpalasts hatte die Kammermusiktage Mitte der 1980er aus der Taufe gehoben und 33 Jahre lang geleitet – lange genug, wie er meinte. Den Stab der künstlerischen Leitung hat er nun der Violinistin Franziska Hölscher weitergereicht (wir bericheten) – und die hat gestern in der Saarländischen Vertretung in Berlin ihr erstes Programm vorgestellt: Das wird Hölschers Wunsch, „die klassische Konzertsituation etwas aufzubrechen“, durchaus gerecht. Neben den vertrauten und bewährten Konzerten in der Alten Abtei in Mettlach wird erstmals der Merziger Zeltpalast als Spielort genutzt, zudem gibt es Konzerte in Weinbergen; und im Programm finden sich neben der Musik, die man mit den Kammermusiktagen seit jeher verbindet, auch Exkursionen in Richtung Jazz und Tango, dazu einen „Karneval der Tiere“ mit der Erzählerin Katja Riemann.

Eröffnet werden die Kammermusiktage am 7. Juli in der Alten Abtei Mettlach vom Rivinius Klavierquartett: mit Werken von Vincent d’Indy, Detlev Glanert und Johannes Brahms. Zu den weiteren Sonntags-Matineen in der Abtei kommen der Pianist Bernd Glemser (14. Juli) mit Musik von Schubert, Chopin und Alexander Scriabin; Pianistin Kärt Ruubel mit Trompeter Simon Höfele (21. Juli) mit Werken von unter anderem Ligeti, Ravel und Gershwin; Bariton Andrè Schuen mit Pianist Daniel Heide (18. August) – mit Schuberts „Winterreise“. Auch ein Nachmittagskonzert in der Alten Abtei wird es geben: am 25. August mit dem Quatuor Hermès und Werken von Schubert, Debussy und Carl Ditters von Dittersdorf.

 Katja Riemann kommt zum „Karneval der Tiere“.

Katja Riemann kommt zum „Karneval der Tiere“.

Foto: dpa/Tobias Hase

Für ein dreitägiges Kammermusikfest (9. bis 11. August) hat sich Franziska Hölscher einige musikalische Freunde eingeladen, mit denen sie zum Teil konzertieren wird: die Pianisten Jacques Ammon und Yu Kosuge, den Cellisten Benedict Kloeckner und den Klarinettisten Clemens Trautmann. Am 9. August kann man in der Alten Abtei Musik von Schubert, Mendelsson Bartholdy und Jean-Philippe Rameau hören; einen Tag später gibt es im Zeltpalast den „Karneval der Tiere“ von Camille Saint-Saens, zusammen mit Studierenden der Hochschule für Musik Saar (HfM). Die Schauspielerin Katja Riemann wird dabei Texte von Roger Willemsen lesen, der eine eigene Version des „Karnevals“ geschrieben hatte – die Kammermusiktage versprechen eine „zeitkritische Parodie“ mit „humorvollen und boshaften gesellschaftlichen Beobachtungen“.

Im Anschluss spricht Clemens Trautmann, ebenso Klarinettist wie Musikmanager (Präsident der Deutschen Grammophon) über die Zukunft der klassischen Musik in den modernen Medien, bevor er sich im Zeltpalast mit Benedict Kloeckner (Violoncello) Beethovens Trio B-Dur annimmt; im Anschluss spielt das Duo Runge & Ammon (Violoncello/Klavier) sein Programm „Baroque Blues“ – das Duo will bei der Musik von Bach, Händel, Gershwin und Piazolla in die „Grenzbereiche der klassischen Musik“ vordringen – laut Runge „als persönliche Antwort auf den verstaubten Klassikbetrieb auf der einen Seite und seichtes Crossover auf der anderen“. Das Kammermusikfest endet am 11. August mit einer Matinee in der Abtei, in der Hölscher unter anderem mit Nils Mönkemeyer (Viola) zusammen spielt – Brahms, Mozart und die Rosenkranz-Sonate „Die Auferstehung Christi“ von Heinrich Ignaz Franz Biber.

Mit dem Motto „Grenzgänger“ sind  zwei Konzerte der Kammermusiktage überschrieben: der erwähnte Auftritt des Duos Runge & Ammon und der Auftritt der Formation Spark am 12. Juli im Zeltpalast: Das Quintett „denkt Klassik neu“, wie die Kammermusiktage versprechen, und bringt Mozart und Cole Porter, Maurice Ravel und Cole Porter unter einen Hut beziehungsgsweise in ihr „Ideenzelt, auf einem offenen Feld zwischen Klassik, Minimal Music, Electro und Avantgarde“.

 Die Formation Spark – sie will im Zeltpalast Merzig Klassik, Minimal Music, Electro und Avantgarde zusammenbringen.

Die Formation Spark – sie will im Zeltpalast Merzig Klassik, Minimal Music, Electro und Avantgarde zusammenbringen.

Foto: Gregor Hohenberg

Ein Nachmittag widmet sich dem jährlichen internationalen Krzyzowa-Workshop, einem Treffen von Musikern mit Festivalcharakter. Drei junge Künstler des Workshops spielen Poulenc, Brahms, Schumann und Fauré, außerdem beschäftigt sich eine Podiumsdiskussion mit der Frage „Können Künstler unpolitisch sein?“ – passend zum Ort des Workshops, ist Krzyzowa doch das frühere Kreisau, wo sich der Widerstand gegen Hitler im „Kreisauer Kreis“ zusammenfand.

 Der gefeierte Bratschist Nils Mönkemeyer.

Der gefeierte Bratschist Nils Mönkemeyer.

Foto: Irène Zandel

Zwei Veranstaltungen, „Landpartie und Konzert im Weinberg“ überschrieben, finden unterm freien Himmel statt und sprechen dabei mehr als nur einen Sinn an: Am 28. Juni geht es zum Weingut Henri Ruppert in Schengen – dorthin können die Musikfreunde von Perl aus wandern (Zwischenstation im Weingut Schmitt-Weber); bei Henri Ruppert gibt es dann Musik des Arcis Saxophon Quartetts (Haydn, Ligeti, Bartok, Gershwin), eine Weinprobe und ein Mittagessen mit Luxemburger Spezialitäten. Landpartie Nummer zwei führt am 17. August nach Wiltingen zum Weingut Weber Brüder und zum Weingut Van Volxem. Dort werden Stipendiaten der Deutschen Stiftung Musikleben aufspielen. Das Programm steht noch nicht fest, aber der Konzertort: der Eichenfasskeller des Weinguts.

Tickets, Abos und Festivalpässe:
www.musik-theater.de, bei Ticketregional unter Tel. (06 51) 979 07 77 und an den VVK-Stellen der Großregion.

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