Saarbrücker Schauspielerin Edda Petri „Die schöne Edda“ fängt nochmal neu an

Saarbrücken · Die Saarbrücker Schauspielerin Edda Petri, Ex-Frau von Musik & Theater-Saar-Kopf Joachim Arnold, arbeitet nun als „Integrationsmanagerin“ in Neunkirchen. Wie kam’s denn dazu?

 Edda Petri (54) im Garten ihres Privathauses in Sarbrücken-Brebach. Beruflich wie privat erfindet sie sich gerade neu.

Edda Petri (54) im Garten ihres Privathauses in Sarbrücken-Brebach. Beruflich wie privat erfindet sie sich gerade neu.

Foto: Rich Serra

Heller Kies, alter Baumbestand, ein Sonnenlicht betupfter Gartentisch – die Brebacher Direktorenvilla aus der Stumm-Ära bietet ein Kulisse wie aus dem Film-Bilderbuch, zumal auch die Dame des Hauses eine Augenweide ist: blond, Model-Gardemaß, Edda Petri (54). Doch der Fotograf schüttelt unzufrieden den Kopf: „Sie sehen auf jedem Foto aus wie 25!“ Da kichert die „schöne Edda“ los. So nannte man sie grundsätzlich, wenn ihr Name Anfang der 90er Jahre auf den Besetzungszetteln des Saarbrücker Staatstheaters auftauchte. Nur drei Jahre lang, bis 1994, danach arbeitete sie frei, machte in Familie.

Immer noch wirkt Petri unverschämt jugendlich, umwerfend natürlich. Edda, das ewige Mädchen, ist das ihr Markenkern, eine Inszenierungs- und Imagesache? „Ich empfinde mich überhaupt nicht als Girlie“, sagt sie. „Ich bin halt gerne albern.“ Einst wollten Bühnen-Regisseure die Große, Edle, Gute in ihr hervorkitzeln, besetzten sie – unglücklich – als statuarische Helena im „Faust II“. Oder aber sie musste als „Lulu“ das Lolita-Klischee abliefern. In ihrer ersten Filmrolle („Forst­inspektor Buchholz“) galoppierte sie als biestige Adelige durch die Walachei, später trat sie in TV-Serien oft als Staatsanwältin oder Ärztin auf. „Das verdanke ich meiner angeborenen Seriosität“, meint Petri selbstironisch. Doch darin steckt viel Ernst. Petri stammt aus einem grundsoliden, auch gut betuchten westfälischen Elternhaus, doch das „höhere Töchterlein“ büxte schon früh aus einem Psychologie- und Germanistik-Studium Richtung Theater aus. Jawohl, diese Lady ist ein Tramp.

Auf ihrer Internetseite kann man lesen, sie sei gerne unterwegs, zwischen Saarbrücken, Wien und Berlin, wo sie feste Wohnmöglichkeiten hat. Und irgendwie ist das Leben ein einziges Abenteuer? Das klingt nach Heile-Künstlerwelt-Phantasie, ist aber nun mal ihr Naturell: „Man muss nur lange genug warten, dann geht immer wieder eine Tür auf.“ Vor eineinhalb Jahren hat Petri selbst eine mit Entschiedenheit geschlossen. Und die nächste aufgemacht: „Ich bin zum ersten Mal seit meinem 17. Lebensjahr Single“, sagt sie. Petri lebt in Trennung von ihrem Mann Joachim Arnold, dem Chef von Musik & Theater Saar. Zusammen haben sie das Klassik Open Air in Losheim und die Merziger Zeltoper aufgebaut und die Mettlacher Kammermusiktage gemanagt, drohende Insolvenzen abgewendet, zwei Söhne groß gezogen. Wobei „die schöne Edda“ das Kunststück schaffte, ihrem Mann nie die Show zu stehlen. Zu diskret? Zu gut erzogen? Zu schüchtern? Nun also der Rosenkrieg, das Ende eines saarländischen Glamourpaares.

Sie will raus aus dem feudalen Haus, startet auch beruflich neu durch, als „Integrationsmanagerin“ in Neunkirchen. Im neuen Kreativzentrum Kutscherhaus soll sie soziokulturelle Projekte anschieben und die Kreativwirtschaft fördern, ein Zweijahresprojekt. Immer schon ist Petri gerne in fremde Wissens- und Tätigkeitsgefilde aufgebrochen, hat ein Stück geschrieben („Das Lächeln der Mona Lisa“) oder als Schauspiel-Trainerin in der Saarbrücker Schule „Acting & Arts“ gearbeitet, bietet jetzt Stimm-Coachings für Firmen-Mitarbeiter an. Unbeschäftigtsein, das mag sie nicht. Also belegte sie auch schon mal Hörspiel-Seminare an der Uni oder machte einen Crashkurs „Deutsch für Flüchtlinge“, heuerte in der Lebacher Unterkunft in der Kleiderausgabe an. „Man lernt immer was dazu“, meint sie. Zwischenzeitlich sei sie Expertin für islamisches Scheidungsrecht, immer noch betreut sie acht syrische Familien. Eine „Mutti-Rolle“ nennt sie das.

Derweil bleibt Petri fürs saarländische Publikum wohl im Unterhaltungsfach verortet, man nahm und nimmt sie, obwohl sie immer Schauspiel-Gastengagements in Luxemburg und Trier hatte, vorrangig als Musicaldarstellerin wahr, identifiziert sie mit „Ein Käfig voller Narren“ (2014) oder dem Sekretärinnen-Stück „9 to 5 – Warum bringen wir den Chef nicht um?“ (2016). In SR-„Tatorten“ fasste sie spät Fuß. Jochen A. Freydank entdeckte in „Heimatfront“ (2011) eine völlig neue, reife Petri: ungeschminkt, angegriffen, vom Leben zerzaust. Ja, das kann sie auch, das ist sie auch. Doch üblicherweise rennen alle lieber mit ihrer hübschen Maske davon, der konventionellen Edda. Dabei begann sie ihre Theater-Laufbahn einst in München mit Herbert Achternbuschs kaputten Figuren. „In diese Ecke gehöre ich eigentlich“, meint Petri. Fragt man sie nach Regie-Vorlieben, nennt sie die Opern-Großmeister Herbert Wernicke und Peter Mußbach, bekannt für anspruchsvolles Kopfkino.

Sie selbst muss derweil in der „Addams Family“ mit eher grobem Satire-Pinsel zeichnen. In rattenscharfem schwarzen Stretch-Satin knallt sie den dämonisch-exzentrischen Vamp Mortica auf die Bretter – zu „eindimensional“, hieß es in der SZ-Besprechung. In früheren Rollen empfand man Petri derweil als zu „blass“. Leicht hatte sie es bei der Kritik nie. Ihre Beauty-Optik erwies sich zudem auch auf der Bühne als hinderlich. Zunächst kam sie ihr im Rollenfach der jugendlichen Liebhaberin in die Quere: „Wer besetzt ein Gretchen schon mit einer 1,82-Meter-Frau?“ Und auch in der TV-Serie „Ein Fall für zwei“ durfte sie die Akten nicht etwa stehend aus dem Regal holen, sondern rollte sitzend mit einem Stuhl zum Regal – um den klein gewachsenen Claus Theo Gärtner nicht zu kompromittieren.

Für eine angewelkte Ehefrau im Charakterfach wirkte sie lange Zeit viel zu strahlend, derzeit passt sie noch nicht ins Bild der „komischen Alten“. Deshalb mag Petri die Frauenrollen in US-Musicals so gerne, Vollblutweiber mit Wunden und Kanten wie Mortica. Mit der Merziger „Addams Family“ schrieb Petri eine Erfolgsgeschichte, gastierte in Wien und im Berliner Admiralspalast. Und kommt mit dem Broadway-Stück im September wieder in den Zeltpalast, als Mitarbeiterin des Produzenten Arnold. So viel Professionalität muss sein.

 Kaum wiederzuerkennen: Petri in der Rolle der Mortica im Musical „Addams Family“.

Kaum wiederzuerkennen: Petri in der Rolle der Mortica im Musical „Addams Family“.

Foto: rup

„Addams Familiy”: 14. bis 16. September; Infos/Tickets: www.musik-theater.de

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