Interview Klaus-Peter-Wolf „Für jedes Kind ein Buch pro Monat“

Saarbrücken · Bestseller-Autor Klaus-Peter Wolf fordert mehr Unterstützung der Politik für die Leseförderung.

 Das Geld für Leseförderung sei immer „viel zu knapp“, sagt Autor Klaus-Peter Wolf, der seit über 25 Jahren regelmäßig Lesungen für den Bö­decker-Kreis macht.

Das Geld für Leseförderung sei immer „viel zu knapp“, sagt Autor Klaus-Peter Wolf, der seit über 25 Jahren regelmäßig Lesungen für den Bö­decker-Kreis macht.

Foto: Iris Maria Maurer

Heute, am deutschen Vorlesetag, feiert auch der Friedrich-Bödecker-Kreis Saar (FBK) sein 30-jähriges Bestehen. Sein Hauptanliegen heißt Leseförderung. Dazu bringt der FBK Saar Autoren in Kitas und Schulen. Krimi-Bestseller-Autor Klaus-Peter Wolf zählt zu jenen Schriftstellern, die regelmäßig für den Bödecker-Kreis lesen. Im April 2018 wird er für den BDK Saar, anlässlich des Welttages des Buches, eine Woche lang im Saarland zu Gast sein.

Seit über 25 Jahren machst Du Lesungen für den Bödecker-Kreis. Nach wie vor, obwohl Du mittlerweile Millionen-Auflagen hast, als Autor sehr gefragt bist. Warum?

WOLF Meine Wurzeln im Bö­decker-Kreis sind tief. Der gute Hans Bödecker, der leider verstorben ist, hat mich, als ich ein junger Autor war, zu sich eingeladen. Er beriet mich gut. Er wusste mehr über meinen Beruf als ich, und er schickte mich auf Lesereisen durchs ganze Land. Das hat mich als Autor geprägt. Wer ständig vor Publikum steht, läuft nicht Gefahr, abgehobenes Zeug zu schreiben.

Lehrer und Eltern klagen über reduzierte Aufmerksamkeit der Kinder und Jugendlichen. Auch das Interesse am Buch sinke wegen des Internet. Reagieren Kinder und Jugendliche heute anders als vor 20 Jahren?

WOLF Ach, ich bin da nicht so pessimistisch. Gerade in den Grundschulen erlebe ich sehr neugierige Kinder. Sie hören gerne zu. Sie lassen sich emotional berühren und lieben Geschichten, besonders wenn sie spannend und lustig sind. Ich muss immer viele Autogramme geben und bekomme täglich Post von Schulklassen. Gemeinsam mit Bettina Göschl habe ich die Kinderkrimireihe „Die Nordseedetektive“ geschrieben. Wir haben Hunderte Briefe, E-Mails und Facebook-Anfragen bekommen: „Wann erscheint endlich Band Sechs? Mein Kind ist süchtig nach der Reihe!“ Bei den Jugendlichen wird es schwieriger. Die haben oft eine Phase, da lesen sie nicht mehr, sie sind im Umbruch. Aber viele suchen danach wieder Antworten in Geschichten. Sie müssen erst ihren Autor finden.

Wird genug für die Leseförderung in Deutschland getan?

WOLF Das ist ein großes Problem. Ich schreibe immer wieder an Politiker und versuche, für die Leseförderung, für den Bödecker-Kreis, Gelder locker zu machen. Die Mittel sind immer viel zu knapp, und auf die Dauer finde ich diese Bettelei auch erniedrigend. Kulturpolitiker, die nicht kapiert haben, dass wir als Kulturnation untergehen, wenn die Kinder aufhören zu lesen, sollten vielleicht besser aus ihren Jobs entlassen werden. Es sollte selbstverständlich sein, dass jeder Schüler im Laufe seiner Schulzeit mindestens einmal auf einen lebenden Autoren trifft. Auch sollte jedes Kind ein Recht auf mindestens ein Buch pro Monat haben. Das Geld soll nicht an die Eltern, sondern an die Buchhändler gehen. Die Kinder haben dann da die freie Auswahl.

Du schreibst für Erwachsene und zusammen mit Deiner Frau, Bettina Göschl, auch für Kinder: Was unterscheidet das Schreiben für die jeweiligen Zielgruppen?

WOLF Wer für Kinder schreiben will, braucht Kontakt zum Kind in sich selbst. Viel zu viel wird von Erwachsenen geschrieben, was ihrer Meinung nach Kinder lesen sollten. Das ist der falsche Ansatz. Bettina und ich erfinden zunächst spannende Figuren und sehen uns dann aus ihrer Sicht die Welt an. Unser Schreiben ist dialogisch. Das macht natürlich zu zweit besonders viel Spaß. Jeder übernimmt die Patenschaft für eine Person. So werden Dialoge besonders spitz und genau. Jeder versucht für seine Figur das Beste herauszuholen. Und Kinder sind ein ehrliches, kann auch heißen grausames Publikum. Wenn man sie nicht fesselt, schalten sie ab. Das hat oft nichts mit deren Konzentrationsfähigkeit zu tun, sondern einfach mit der Geschichte, die vorgelesen wird.

Das Gespräch führte Oliver Schwambach

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