Traum und Tod in zeitgenössischer Kunst Handreichungen für Tod und Teufel (und für Träume)

Saarbrücken · Drei Saarbrücker Doktorandinnen kuratieren im Rathaus der Landeshauptstadt mit „Schlafes Bruder“ eine formidable Kunstausstellung zum Thema Traum & Tod.

 Ben Goosens Lichtfotografie „tube1“ weckt, schreiben die Kuratorinnen zurecht, „Assoziationen an monumentale Himmels- oder Jenseitsvisionen“.

Ben Goosens Lichtfotografie „tube1“ weckt, schreiben die Kuratorinnen zurecht, „Assoziationen an monumentale Himmels- oder Jenseitsvisionen“.

Foto: DFG-Graduiertenkolleg/Ben Goosens

In der griechischen Mythologie waren Thanatos und Hypnos Brüder im Geist: Letzterer, Gott des Schlafes, wiederum hatte außer dem Tod auch die Traumgötter zu Brüdern. Damit ist das Dreieck Schlaf, Traum und Tod markiert, das unter dem (auf einen Roman Robert Schneiders zurückgehenden) Titel „Schlafes Bruder“ eine formidable Ausstellung im Hauberisser Saal des Saarbrücker Rathauses zusammenhält. Am Freitagabend eröffnet, spannt sie einen ergiebigen künstlerischen Bogen zwischen Traum und Tod und versteht sich insoweit als Fortsetzung der nicht minder em­pfehlenswerten Stadtgalerie-Schau „Das letzte Bild. Ansichten vom Tod in der zeitgenössischen Kunst“.

Interessant ist bereits die Genese der von drei Doktorandinnen des Saarbrücker DFG-Graduiertenkollegs „Europäische Traumkulturen“ kuratierten Ausstellung. Agnes Karpinski, Janina Klein und Kristin Schneider hoben ihr Ausstellungsprojekt, das thematisch nur lose mit ihren jeweiligen Promotionen verbunden ist, bereits 2016 aufs Gleis. In Kooperation mit Stadtgalerieleiterin Andrea Jahn taten sie mit einiger Ausdauer acht Sponsoren für ihr Projekt auf und schifften es durch alle bürokratischen Untiefen (zahllose Verwaltungsabsprachen und das ganze damit einhergehende organisatorische Kleinklein) hindurch. Es hat sich gelohnt. Sah man je eine ästhetisch derart versierte Ausstellung im (dazu mit temporären Einbauten umgemodelten) Haube­rissersaal?

Doch nicht nur dies verdient regen Besucherzuspruch. Vorbildlich muss man auch die didaktischen Handreichungen der drei Kuratorinnen nennen, die ebenso fundierte wie erhellende Werkbeschreibungen zu den 14 ausgestellten Arbeiten von sieben Künstlern auslegen: Handzettel, von denen man sich wünschte, dass sie Schule machten in hiesigen Galerien und Museen. Ohne uns je ein Deutungsmuster aufzunötigen, bewähren sich diese klugen Kurztexte Mal um Mal als Verständnishilfen.

Was aber ist nun zu sehen? Karpinski, Klein und Schneider wählten aus dem Gesamtwerk ihrer sieben bedachten zeitgenössischen Künstler (Gregor Gaida, Elke Härtel, Anna Klüssendorf, Christof Mascher, Martin Spengler und dazu die auch in der Stadtgalerieschau „Das letzte Bild“ mit vertretenen Simon Schubert und Ben Goosens) jeweils jene Arbeiten aus, die aus ihrer Sicht am Sinnfälligsten ihr Oberthema „Traum und Tod“ ausloten (und für ihre sechswöchige Schau verfügbar waren). Etwa Elke Härtels bezwingende Gipsskulptur „Eloise“: eine Umkehrung der Machtverhältnisse des Grimm-Märchens, dreht Härtels Mädchen hier doch dem Wolf fast beiläufig die Kehle um. Oder Martin Spenglers hinreißendes Wellpappenrelief „Shanghai (Crash)“, das ein zerberstendes Hochhaus inmitten einer vogelperspektivisch abstrahierten Stadtkulisse einfriert. Oder zwei Grafitzeichnungen Simon Schuberts, die jeweils nur einen Vorhang und einen Fensterschatten auf einer Wand zeigen, damit aber (wie es in den Handreichungen treffend heißt) die „Dualität von Verhüllen und Enthüllen“ bezeugen. Oder Christoph Maschers (wie manch’ andere Arbeit eigens für die Ausstellung entstandenes) großformatiges Gemälde „Spin a rainbow“, das kompositorisch mit allerlei Todessymbolen aufgeladen ist. So könnte man, da keine der 14 Arbeiten deutlich abfällt, eine Weile weitermachen. Also: Hingehen!

 Elke Härtels famose Skulptur aus Gips „Tod“.

Elke Härtels famose Skulptur aus Gips „Tod“.

Foto: Elke Härtel/DFG-Graudiertenkolleg/Elke Härtel

Bis 28. April. Eingeschränkte Öffnungszeiten. Alle Infos dazu finden sich unter: www.stadtgalerie.de

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