Zum Film „Papa Moll und die Entführung des fliegenden Hundes“ „Ich konnte noch ein bisschen dösen“

Saarbrücken · Der Schauspieler über seine Rolle in der „Papa Moll“-Verfilmung, seine Klangkunst und den Gang ins Schweigekloster.

 Der Berner ohne Silikon im Gesicht.

Der Berner ohne Silikon im Gesicht.

Foto: Benno Kraehahn

„Papa Moll“ aus der Schweiz ist ein Comic-Klassiker. Aus den Bildergeschichten von Edith Oppenheim-Jonas, die erstmals 1952 erschienen, ist nun der bunte und flotte Kinofilm „Papa Moll und die Entführung des fliegenden Hundes“ entstanden, der mit viel Erfolg in der Schweiz lief und nun bei uns startet. Die Rolle des wohlmeinenden, aber etwas ungeschickten Familienvaters verkörpert Stefan Kurt (58). Der Schweizer spielte in den 80ern und 90ern unter anderem am Thalia-Theater und arbeitete mit Regisseuren wie Robert Wilson und Jürgen Flimm. Im Kino und Fernsehen war er in „Der Schattenmann“ zu sehen, in „Beresina oder die letzten Tage der Schweiz“, „Die Affäre Semmeling“, „Der Verdingbub“, „Mein Führer“ und „Dreileben“.

Man erkennt Sie kaum wieder unter der „Papa Moll“-Maske. Wie lange hat das morgens gedauert?

KURT Am Anfang waren es drei Stunden, gegen Ende der Dreharbeiten zweieinhalb. Der erste Tag war wirklich hart, da musste ich morgens um 4 Uhr in die Maske.

Wie bringt man diese Stunden herum – mit Schlafen? Oder Musikhören?

KURT Mit Musik nicht, die beiden Maskenbildner wollte ich nicht bei der Arbeit stören. Aber ich konnte noch ein bisschen dösen, das war wie eine Art Meditation. Es wurde  nicht viel gesprochen, die Kollegen haben an mir gearbeitet, und ich habe mich in die Rolle und in den Tag hineingeträumt. Es war ein schöner Sommer und schon früh hell – das war für die Psyche gar nicht schlecht.

Ist der Schmerbauch im Film Ihrer?

KURT Nein, Gottseidank nicht. Da war ein spezieller „Fat Suit“, innen hohl und leicht zu tragen. Schwierig war nur eine Szene, in der ich  in einen Kessel geschmolzener Schokolade tauchen musste. Das war in Wahrheit eine unangenehme Crème mit Farbe, der „Fat Suit“ hatte sich mit Luft gefüllt, und ich kam fast nicht runter. Das hat ewig gedauert, und die Créme war bitterkalt.

Muss man mimisch gegen so viel Silikon im Gesicht anspielen?

KURT Nein, das hat mich gar nicht so eingeschränkt. Das Silikon wird mit der Zeit warm, dann fühlt es sich fast wie echte Haut an und geht auch bei der Mimik mit. Ich konnte den Mund aufreißen, lachen, die Augen zusammenpressen – ganz normal wie sonst auch. Geholfen hat mir vor allem der Bauch, er ließ mich gut in diese Tapsigkeit von Papa Moll hineinfinden.

Wie sind Dreharbeiten mit Kindern?

KURT Anders als mit Erwachsenen. Sie werden schneller müde, sie haben manchmal Schwierigkeiten, Szenen präzise zu wiederholen – aber gleichzeitig bringen sie eine unglaubliche Neugier und Spielfreude mit. Gottseidank spielen sie nicht immer dasselbe, das zwingt uns Erwachsene, auf sie einzugehen, flexibel zu bleiben. Da gab es sehr schöne Momente.

Sie leben als Schweizer seit 30 Jahren in Deutschland – wie kam es dazu?

KURT Ich bin hier hängen geblieben. Als junger Schauspieler wollte ich natürlich an die großen Thea­ter, nach Hamburg, nach Bochum, München und Berlin – und raus aus der kleinen Schweiz, die ich als spießig empfunden habe. Aber sie bleibt meine erste Heimat, ich gehe immer wieder zurück, treffe Freunde, mein Bruder lebt da. Und in den letzten Jahren arbeite ich auch wieder mehr dort, am Theater und beim Film. Diese Mischung aus Berlin und Bern ist ganz gut.

Wie genau haben Sie die Abstimmung über die Abschaffung der Rundfunkgebühren in der Schweiz verfolgt?

KURT Sehr genau – und ich habe gegen die Abschaffung geworben. Man kann ja darüber diskutieren, wie hoch diese Gebühr sein muss, in der Schweiz liegt sie bei 450 Franken im Jahr. Aber das Öffentlich-Rechtliche Fernsehen darf man nicht abschaffen, wir brauchen es als Instanz abseits des rein Kommerziellen. Deshalb bin ich glücklich über das Ergebnis.

Beim Saarbrücker Ophüls-Festival liefen in den vergangen Jahren viel beachtete Filme aus der Schweiz, gerade etwa „Blue my mind“ – wie geht es dem Schweizer Film und Fernsehen?

KURT Da tut sich einiges. Früher gab es einmal im Jahr einen „Tatort“ aus der Schweiz, und das war es dann. Für das kleine Land wird jetzt aber relativ viel produziert, es gibt eine neue Generation von Drehbuchautoren und Regisseuren, die mutig sind. Ich habe da ein sehr gutes Gefühl.

Sie beschäftigen sich abseits der Schauspielerei mit Klangkunst und Fotografie – auf Ihrer Webseite kann man selber aus Ihren Audio-Vorlagen Hörbilder erstellen.

KURT Das hat mich immer schon fasziniert. Wenn man verschiedene Töne und Geräusche vermischt, entsteht etwas ganz Neues, was man nicht einordnen kann. Bei den Fotografien faszinieren mich Strukturen und Formen. Oder ich arbeite mit Tusche, die ich ineinanderlaufen lasse, und beobachte, wie verschiedene Flüssigkeiten miteinander reagieren – das fotografiere ich dann, mache Collagen oder lege die Bildebenen übereinander.

Nehmen Sie die Töne und Geräusche mit dem Handy auf?

KURT Ungern, die mp3-Qualität ist nicht so gut. Ich habe diverse kleine Apparate, mein Schmuckstück ist ein Kunstkopf-Mikrofon, das man sich in die Ohren steckt – das sieht dann so aus, als hörte ich Musik, es nimmt aber auf. Nur ist es leider sehr windempfindlich - beim kleinsten Windstoß poltert es ziemlich.

Ist diese Foto- und Geräuschkunst eine ideale Beschäftigung, wenn man bei Dreharbeiten abends im Hotel sitzt?

KURT Ja, und generell für den Winter, auch zuhause. Da sichte ich gerne mein Archiv und schaue, was ich so gesammelt habe. Und als Kontrast zur Teamarbeit als Schauspieler ist es für mich eine Erholung, alleine etwas herzustellen. In der Schweiz hatte ich gerade zwei Ausstellungen – ein paar Sachen verkauft habe ich auch.

Sie gehen regelmäßig in ein Kloster – warum das?

KURT Es ist ein Schweigekloster, da bleibe ich eine Woche lang und rede in dieser Zeit überhaupt nichts. Das muss man erstmal aushalten. Der Strom der Gedanken fließt ja immer weiter, aber den versucht man ein bisschen leiser werden zu lassen – und irgendwann wird er dann auch ein wenig leiser.

 Stefan Kurt in der Maske des Papa Moll im Film.

Stefan Kurt in der Maske des Papa Moll im Film.

Foto: STILLS PHOTOGRAPHER _TOM TRAMBOW/Copyright: Zodiac Pictures/Tom Trambow

Das gespräch führte Tobias Keßler.

„Papa Moll und die Entführung des fliegenden Hundes“ startet morgen im Saarbrücker Cinestar.
Stefan Kurts Kunst kann man sehen unter: www.stefankurt.com

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