Interview mit Bestseller-Autor Klaus-Peter Wolf „Ich produziere Suchtstoff“

Saarbrücken · Krimikönig Klaus-Peter Wolf erklärt, warum literarische Mörder raffinierter als echter Täter sein müssen.

 Im Archiv des Bösen: Klaus-Peter Wolf (nur echt mit roten Hosenträgern), der derzeit erfolgreichste deutsche Krimiautor, ist kommende Woche im Saarland zu Gast.

Im Archiv des Bösen: Klaus-Peter Wolf (nur echt mit roten Hosenträgern), der derzeit erfolgreichste deutsche Krimiautor, ist kommende Woche im Saarland zu Gast.

Foto: Gaby Gerster

Zum sechsten Mal in Folge stieg ein Kriminalroman von Klaus-Peter Wolf (64) auf Platz eins der „Spiegel“-Bestsellerliste ein – ein einzigartiger Erfolg. Alleine seine Ostfriesenkrimis kommen mittlerweile auf über 4,5 Millionen verkaufte Exemplare. Von Montag an sind Wolf und seine Frau, die Autorin und Kinderliedermacherin Bettina Göschl, auf Einladung des Friedrich-Bödecker-Kreises an saarländischen Schulen zu Gast. Wolf liest am Montag zudem abends in Saarbrücken und am Donnerstag in Dillingen.

Dein jüngstes Buch, „Ostfriesenfluch“, startete wieder auf Platz eins der Bestsellerliste. Setzt das nicht einen enormen Erwartungsdruck für weitere Bände? Wie würdest Du Dich fühlen, wenn ein Ostfriesenkrimi nicht mehr Platz eins schafft?

WOLF Im letzten Jahr hatte ich zwei Bücher in den Top Ten der Jahresbestseller; und es sind ja nur zwei Bücher von mir erschienen. Ich will das aber nicht Druck nennen, auch wenn es Kollegen gibt, die sagen, „ja Klaus-Peter, jetzt kann’s nur noch bergab gehen“. Aber das ist für mich gar nicht so bedeutsam. Was mir große Freude bereitet, ist, dass in einer Zeit, in der der Buchmarkt sehr leidet, ich etwas machen kann, was die Leser in die Buchläden bringt und die Menschen beim Lesen hält. Ich produziere Suchtstoff, der süchtig macht zu lesen, und das macht mich glücklich. Und wenn morgen die Verkaufszahlen halbiert wären, wäre das auch nicht schlimm.

Du hast äußerst engagierte Leser, Fans, die mit einzelnen Figuren mitfiebern. Wie frei bist Du noch in Deinem Schreiben?

WOLF Ich hatte ja mal Ärger mit der Figur des Chefs der Kriminalpolizei Ubbo Heide. Den habe ich nicht eliminiert, sondern nur pensioniert, was Menschen auch ja mal passiert. Ich ahnte aber nicht, was ich damit auslöse. Ich weiß jetzt, was ein Shitstorm ist. Ich habe Heide denn auch als graue Eminenz, die berät, zurückgeholt.

Würde Dich die Reaktion der Fans davon abhalten, eine Figur auszumustern?

WOLF Wenn es dramaturgisch notwendig wäre, würde ich es tun. Aber diese ostfriesische Welt, die ich zeige, braucht auch alle diese Figuren, um das Ensemble des Lebens spielen lassen zu können.

In „Ostfriesenfluch“ hat man es mit einem Täter zu tun, dessen Motive schwer nachzuvollziehen sind. Er entführt Frauen, weil er wohl am Glück anderer leidet. Eine sehr spezielle Triebfeder. Die meisten tatsächlichen Kapitalverbrechen geschehen aus naheliegenden Motiven wie Eifersucht oder Habgier. Ist das literarisch zu langweilig?

WOLF Ein Richter hat mal zu mir gesagt: „Weißt Du, warum ich Deine Bücher so sehr liebe? Du hast so raffinierte Mörder, und vor mir stehen dann immer diese Deppen.“

Der erste Band der Ostfriesenkrimis wurde bereits verfilmt, wie zufrieden warst Du mit der Umsetzung?

WOLF Den Roman hatten, als er verfilmt wurde, schon mehr als 700 000 Leute gekauft und noch mehr gelesen. Der Film kann nicht jeder Fantasie entsprechen. Das, was wir gesehen haben, war eben die Vision der Filmemacher. Und die haben was Gutes abgeliefert.

Die Quote war ganz gut...

WOLF Es war einer der drei am meisten gesehenen Spielfilme des vorigen Jahres.

Trotzdem war die Resonanz in Relation zu den Erfolgen der Bücher nicht vergleichbar. War das Buch da zu mächtig?

WOLF Das Vorbild des Buches war natürlich auch für die Schauspieler ein Brett. Das hat allen schon einen Heidenrespekt gemacht.

Wird jetzt weiter gedreht?

WOLF Im Mai werden gleich zwei Bücher, „Ostfriesenblut“ und „Ostfriesensünde“, in 44 Tagen gedreht.

Du hast für viele „Tatorte“ Drehbücher geschrieben, auch andere Drehbuchautoren gecoacht. Nutzt die inflationär hohe Zahl an Ermittlern und Wiederholungen dieses TV-Format nicht zu sehr ab?

WOLF Ja, das ist wohl so. Ich bin ja vor ein paar Jahren augestiegen, was auch damit zusammenhing, dass die alten Herren des Fernsehens, mit denen ich mal begann, aufhörten. Und es kam eine neue Garde, deren Vorstellungen und meine weit auseinander lagen. Es gibt immer noch herausragende „Tatorte“, keine Frage. Aber ich habe öfter in den Redaktionen gesagt: „Ein explodierendes Auto ersetzt keine Geschichte.“

Die Fragen stellte Oliver Schwambach.

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