Kino „Ich würde alles spielen!“

Der Schauspieler über seinen Film „Simpel“, Kitschgefahr, seine schwierigste Rolle und Chancen in Hollywood.

 Lesestunde: Barnabas, genannt „Simpel“ (David Kross, links), und sein Bruder Ben (Frederick Lau).

Lesestunde: Barnabas, genannt „Simpel“ (David Kross, links), und sein Bruder Ben (Frederick Lau).

Foto: Gordon Timpen/Gordon Timpen;SMPSP

Mit seiner Rolle als durchsetzungsschwacher Schüler in „Die Welle“ gelang Frederick Lau vor zehn Jahren der Durchbruch. Mit dem Gefängnisdrama „Picco“, das auch beim Saarbrücker Ophüls-Festival zu sehen war, sorgte er 2010 in Cannes für Aufsehen. Noch größer war der Rummel 2015 auf der Berlinale bei „Victoria“, jenem Berlin-Film von Sebastian Schipper, der völlig ohne Schnitt auskommt. Nun ist Lau, einst Berliner Judomeister, im Kinofilm „Simpel“ zu sehen – darin kümmert er sich um seinen geistig zurückgebliebenen Bruder, gespielt von David Kross.

Wie gefährlich sind die Kitsch-Klippen bei solch einem Stoff?

LAU Das war tatsächlich unsere größte Angst. Wir wollten unbedingt vermeiden, dass die Sache albern oder nicht wahrhaftig wirkt. Um ein Gespür dafür zu bekommen, sind David und ich als Vorbereitung einfach mal in unseren Rollen durch Berliner Straßen gelaufen. Ganz wichtig war mir die körperliche Nähe, die beide Brüder verbindet. David durfte also keine Scheu haben, ständig von mir angefasst zu werden. Nach ein paar gemeinsamen Bieren war das Problem schnell gelöst, seitdem sind wir schwer fasziniert voneinander.

Hätten Sie diese Simpel-Rolle von David Kross nicht selbst gerne übernommen?

LAU Ehrlich gesagt nein. Ich hatte zuvor gerade „Das kalte Herz“ abgedreht, wo ich einen Waldjungen spiele, der sich sehr unkonventionell verhält. Da wäre mir der Simpel zu ähnlich gewesen. Zum anderen hatte ich David Kross beim Casting gesehen und mir war schnell bewusst, dass dieser Typ das unbedingt spielen muss. Ohne ihn hätte ich dieses Projekt nicht machen wollen.

Die Brüder-Kombination gab es mit Johnny Depp und Leonardo diCaprio bereits einmal in „Gilbert Grape“ – war das eine Vorlage für Sie?

LAU „Gilbert Grape“ habe ich vor Ewigkeiten gesehen und ihn mir für unseren Film auch nicht mehr nochmals angeschaut. Was Johnny und Leo da machen, habe ich längst vergessen, was allerdings überhaupt kein Nachteil ist. Meine Methode liegt darin, mich total frei zu machen ohne an irgendwelche möglichen Vorbilder denken zu müssen.

Was ist die wichtigste Qualität für Ihren Beruf?

LAU Die Wahrheit zu erzählen und nicht zu lügen. Man kann durchaus Dinge behaupten, aber trotzdem sagt man die Wahrheit. Ein guter Schauspieler spürt, ob etwas richtig oder falsch ist.

Wie groß muss die Schnittmenge sein zwischen Ihnen und einer Figur, die Sie spielen?

LAU Bei diesem Film war das Schöne, dass ich während der Dreharbeiten gerade Vater geworden bin. Und mit Simpel die Gelegenheit bekam, die Welt nochmals mit Kinderaugen zu entdecken. Beim Blick in die Augen erkennt man diese große, bedingungslose Liebe – das verhält sich bei Simpel oder bei meiner Tochter ganz ähnlich.

Sie haben etliche Preise gewonnen, wie wichtig sind solche Auszeichnungen für Ihr Ego?

LAU Mir sind Preise gar nicht so wichtig. Ich glaube allerdings, dass David Kross ein guter Anwärter auf den nächsten wichtigen Filmpreis sein dürfte.

Könnten Sie alles spielen?

LAU Ich würde alles spielen!

Was war ihre bislang schwierigste Rolle?

LAU Der schwule Nazi in Lederkluft in Oskar Roehlers „Tod den Hippies! Es lebe der Punk!“ war schon ziemlich heftig. Aber so etwas macht natürlich auch Spaß. Ich habe große Freude am Absurden.

Gab es Anfragen aus Hollywood nach dem internationalen Erfolg von „Victoria“?

LAU Es gab schon einige Castings, und ich habe eine Agentur in London, die auch Tom Hardy und Keira Knightley vertritt. Aber ich halte da meine Füße lieber still und will mich nicht anbiedern. Ich glaube, die Rolle findet den Schauspieler.       

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