Saarländisches Staatstheater: Was das Schauspiel nächste Spielzeit bringt Mettlach, Kafka und Philipp Lahm

Saarbrücken · 15 Premieren, davon sechs Uraufführungen: Was das Schauspiel nächste Spielzeit bringt.

 Bleibt Saarbrücken erhalten: Schauspieler Raimund Widra, der in dieser Spielzeit etwa in „Dantons Tod“ oder „Jenseits von Fukuyama“ brilliert.

Bleibt Saarbrücken erhalten: Schauspieler Raimund Widra, der in dieser Spielzeit etwa in „Dantons Tod“ oder „Jenseits von Fukuyama“ brilliert.

Foto: Staatstheater/Martin Kaufhold

Zeitgenössischer war das Schauspiel am SST lange nicht – alleine sechs Uraufführungen (zwei davon in der Sparte4) sind kommende Spielzeit geplant: Laura Linnenbaum bringt im Großen Haus eine Bühnenadaption von Franz Kafkas Erzählungen heraus („Kafkas Haus“, Premiere: 1.9.); in der Feuerwache wird (in Kooperation mit den Théâtres de la ville de Luxembourg) als Auftakt einer dreiteiligen „Saarland-Saga“ unter dem Arbeitstitel „Mettlach“ (Premiere: 18.1.) ein die Firmengeschichte von Villeroy & Boch mit fiktionalen Geschichten aus der Region verknüpfendes Stück laufen – entwickelt vom Theaterkollektiv Mikro-kit. Daneben „Werwolf“ (Premiere: 30.3.), ein Auftragsstück des SST an Rebekka Kricheldorf, die in Saarbrücken seit Hauffs „Das kalte Herz“ und „Villa Dolorosa“ (nach Cechov) als Autorin ein Begriff ist.

Als „partizipatives Projekt“ kündigte Schauspieldirektorin Bettina Bruinier, die gestern bei der Spielplan-PK hopplahopp die insgesamt 15 Premieren abspulte (darunter als Weihnachsstück Gerdt von Bassewitz’ Klassiker „Peterchens Mondfahrt“), zuletzt „Game over“ an (Premiere: 17.5.). Dabei ging fast ein wenig unter, dass das SST hierfür eine Kooperation mit dem Théâtre de la manufacture in Nancy eingeht – gefördert von der Kulturstiftung des Bundes. Entwickeln wird „Game over“ das derzeit viel herumgereichte freie Theaterkollektiv „Prinzip Gonzo“, das gestern in Braunschweig (der neuen Heimstätte von Ex-SST-Intendantin Dagmar Schlingmann) gerade Jonas Lüschers „Frühling der Barbarei“ herausgebracht hat. In Saarbrücken nimmt das Kollektiv, dessen Name auf den radikalen Subjektivismus des „Gonzo-Journalisten“ Hunter S. Thompson anspielt, uns auf eine Reise in den Tod mit.

Den großen Uraufführungsreigen beschließen in der Sparte 4 Thorsten Köhlers Theaterfassung von Dave Eggers’ Roman „Eure Väter, wo sind sie? Und die Propheten, leben sie ewig?“ (Premiere: 29.3.) und sodann ein In­grid-Caven-Abend (Premiere: 9.11.), der das Leben der aus Saarbrücken stammenden Actrice thematisiert – inspiriert von Jean-Jacques Schuhls Schlüsselroman „Ingrid Caven“, inszeniert ihn SST-Schauspieler Sébastien Jacobi, der in dieser Spielzeit bereits „Reise! Reiser! nach Karl Philipp Moritz’ Roman „Anton Reiser“ auf die Bühne holte.

Gemünzt auf die drei übrigen Sparte-Premieren machte Luca Pauer, die mit Thorsten Köhler die Sparte4 konzipiert, gestern klar, dass man dort nächste Saison „total in der Gegenwart“ ankomme: Michel Decars Stück „Philipp Lahm“ feiert einen vorbildlichen Weltmeister (und idealen Schwiegersohn), „Dosenfleisch“ von Ferdinand Schmalz rechnet mit dem Turbo-Kapitalismus ab, aus dem auszusteigen unter dem Titel „Learning by doing“ dann ein Projekt des „Ensemble4“ ganz wörtlich nehmen wird: Dazu will man im nächsten Frühsommer in der Stadt campieren, um zu klären, wie denn nun der richtige Einstieg in den Ausstieg aussehen könnte.

 Ein Wiedersehen wird es auch mit Schauspielerin Martina Struppek geben, die derzeit etwa in „Das Licht im Kasten“ und in „Iphigenie in Aulis“ glänzt.

Ein Wiedersehen wird es auch mit Schauspielerin Martina Struppek geben, die derzeit etwa in „Das Licht im Kasten“ und in „Iphigenie in Aulis“ glänzt.

Foto: Staatstheater/Martin Kaufhold

Am Verblüffendsten gestern war, wie wenig der neue Spielplan klassisches Repertoire bedient: eine „Minna von Barnhelm“, eine Marivaux-Komödie „Der Streit“ und dazu (inszeniert von Bruinier) als mutmaßlichen Abräumer „Shakespeare in love“, die Bühnenfassung von John Maddens Film – that’s it. Statt Aischylos oder Schiller inszeniert Bruinier lieber noch Nino Haratischwilis georgischen Bilderbogen „Das achte Leben“. Man darf das ruhig konsequent nennen.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort