Kindertheater Wenn der Wolf ganz brav den Tisch deckt

Saarbrücken · Theater Überzwerg zeigt „Frühstück mit Wolf“ nach dem Märchen „Die drei kleinen Schweinchen“.

 Der Wolf (Gerrit Bernstein) am Pool mit Fässchen (Eva Coenen, l.), Borste (Sabine Merziger, r.) und Schmalz (Jessica Schultheis).

Der Wolf (Gerrit Bernstein) am Pool mit Fässchen (Eva Coenen, l.), Borste (Sabine Merziger, r.) und Schmalz (Jessica Schultheis).

Foto: Uwe Bellhaeuser

( Bunt, poppig und temperamentvoll – so beginnt „Frühstück mit Wolf – Drei kleine Schweinchen ahnen nichts Böses“ im Theater Überzwerg in St. Arnual. Das zügige Tempo zieht sich auch musikalisch durch das gut einstündige Stück für Kinder ab vier Jahren von Gertrud Pigor, die schon öfters für die Überzwerge gearbeitet hat.

Worum geht es? Vordergründig um drei süße kleine clevere Schweinchen, die sich jeweils ein hübsches Häuschen bauen, vom bösen Wolf gejagt werden und diesen schließlich überlisten: Er wird in Pigors Fassung nicht nur Vegetarier, sondern lädt seine potentielle Beute am Ende – wenn auch ungewollt – zu einem großen gemeinsamen Frühstück ein. Ein nicht ganz einfacher Plot, weil die Figuren auch untereinander verschiedene Konflikte austragen, bis zu guter Letzt alle Freunde sind. Denn die drei Schweinchen sind sich nicht immer ganz grün.

Das von Bob Ziegenbalg inszenierte Stück mit den fetzigen, witzig gereimten Songs von Jan-Willem Fritsch bietet darüber hinaus viele Zweideutigkeiten, die auch das erwachsene Begleitpublikum entzücken – und sehr kleine Kinder zuweilen überfordern. Die drei kleinen Schweinchen Borste (Sabine Merziger), Fässchen (Eva Coenen) und Schmalz (Jessica Schultheis) sind eigentlich coole Säue: Sie sind modische „Architekten-Schweine“, die sich jeweils ihren individuellen Traum vom „Häuschen im Grünen“ erfüllen – wie in der englischen Märchenvorlage. Allerdings sind diese Häuser absurde, dekonstruierte Gebilde in Puppenhausformat. Wunderbare Einfälle hatte hier Ela Otto beim Bühnenbild. Die architekturbegeisterten Schweine in ihren rosa opulenten Tüll-Reifröcken und den pinkfarbenen Stulpen sind ein selbstbewusstes Trio, das den „bösen Wolf“ ganz schön an der Nase rumführt. Gerrit Bernstein singt, brüllt und spielt einen herrlich coolen Macho-Wolf mit Baseball-Cap, der den „plappernden Schnitzeln“ an die Haxen will. Doch die nur scheinbar so niedlich-netten Emanzen-Schweine, die sich zwischendurch einen ganz schön fiesen Zickenkrieg liefern, sind keine Opfer-Typen. Pigors zwar vorhersehbares, aber urkomisches Spiel mit Rollenbildern und Klischees passt somit ganz ins gender-mainstreaming unserer Zeit: Der „böse“ Macho-Wolf darf „Borste“ erst noch im Gemeinsein schulen, bevor er am Ende lieb wird (Im englischen Märchen ist tot). Denn die schlauen Schweine-Damen zähmen ihn mit einer List, so dass sich seine Behauptung „Ein Wolf macht niemals, was ein Schwein ihm sagt!“ ins Gegenteil verkehrt. Und so deckt er brav den Frühstückstisch und holt Kakao und Brötchen, gerade weil die berechnenden Schweinchen ihm das verbieten. Das erwachsene Publikum kann sich prächtig über diese Rollenklischees amüsieren, ist doch die aufgeklärte, gleichberechtigte Welt am Ende wieder in Ordnung.

Für die kleinen Zuschauer sind so viele Bedeutungsebenen eine Herausforderung, Spaß haben sie aber allemal. Das knallbunte Bühnenbild bietet viele Hingucker, es fliegt so einiges durch die Luft, wenn der Wolf alles wegpusten will. Das Ensemble überzeugt auch gesanglich. Und nicht zuletzt ist die Musik von Samba bis Schlager mitreißend.

Wieder am Samstag und Sonntag. Weitere Termine: www.ueberzwerg.de

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort