Regisseur Florian Henckel von Donnersmarck „Ich bin da sowieso gelassen“

Saarbrücken · Der Regisseur über die US-Vermarktung seines Films „Werk ohne Autor“ und die Chancen von Tom Schilling als Westernheld.

 Regisseur Florian Henckel von Donnersmarck

Regisseur Florian Henckel von Donnersmarck

Foto: dpa/Annette Riedl

Gerade erst konnte sich Florian Henckel von Donnersmarck (45)  über seine zweite Oscar-Nominierung freuen: „Werk ohne Autor“ gehört zu den fünf Finalisten in der Sparte „bester nicht-englischsprachiger Film“, zudem ist Kameramann Caleb Deschanel für den Film nominiert. Ende Januar läuft der Film mit dem englischen Titel „Never Look Away“ nun erst einmal in New York in den Kinos an, ab Februar ist er auch in anderen US-Städten zu sehen. Ein Gespräch mit dem Filmemacher, das vor der Verkündung der Oscar-Nominierungen geführt wurde.

„Werk ohne Autor“ läuft in Kürze in den USA an. Wird der Film hier anders vermarktet und aufgenommen als in Deutschland?

  Tom Schilling als Künstler Kurt Barnert in „Werk ohne Autor“.

Tom Schilling als Künstler Kurt Barnert in „Werk ohne Autor“.

Foto: dpa/-

DONNERSMARCK Er wird hier anders präsentiert als in Deutschland. Der Trailer, der in Deutschland gemacht wurde, ist ganz anders als der amerikanische Trailer – in Sachen Trailer haben die Studios ja vollkommene Hoheit. Der deutsche Trailer präsentiert eher einen düsteren Film, eine Art tragischen Thriller. Ich glaube nicht, dass das wirklich dem Wesen des Films entspricht. Hier in den USA gehen sie viel mehr auf das Positive und Hoffnungsvolle und auf die Selbstfindung des Künstlers ein. Die beiden Trailer zu vergleichen, ist fast schon eine Studie in den Unterschieden zwischen den Ländern.

Der Film ist 189 Minuten lang und hat ein „R Rating“ bekommen, wonach Kinder und Jugendliche unter 17 Jahren ihn nicht ohne Begleitung eines Erwachsenen im Kino sehen dürfen. Könnte das seine Chancen auf dem US-Markt schwächen?

DONNERSMARCK Das „R“ ist wegen der expliziten Sex-Szenen. Es ist hier noch keiner auf mich zugekommen, dass der Film zu lang ist. Es gibt hier in den USA auch eine Tradition von längeren Filmen, darunter sind anspruchsvolle Dramen wie „Schindlers Liste“ oder „Titanic“, die deutlich länger sind als unsere Filme. Ich habe noch nie einen Film gesehen, den ich mochte, der mir zu lang war. Und ich habe noch nie einen Film gesehen, den ich nicht mochte, der kurz genug war. Länge ist eine völlig subjektive Sache.

Was bedeutet eine Nominierung bei Preisen wie den Golden Globes oder den Oscars?

DONNERSMARCK Solche Sachen sind vielleicht noch wichtiger als vor zehn Jahren, weil die Welt, in der wir leben, einfach sehr laut geworden ist – so viele Medien, so viele Inhalte. Man braucht irgendetwas, um einem Film, der einen komplexen Inhalt hat, zu einer Sichtbarkeit zu verhelfen. Da hilft es natürlich, wenn der Verleih auf das Plakat schreiben kann „für einen Golden Globe oder einen Oscar nominiert“.

Gehen Sie die Filmpreis-Saison jetzt gelassener an – nach dem Oscargewinn vor zwölf Jahren mit „Das Leben der Anderen“?

DONNERSMARCK Ich bin da sowieso gelassen. Ich bin grundsätzlich ein optimistischer Mensch – aber nur für Sachen, die ich kontrollieren kann. In Dingen, die ich nicht kontrollieren kann, gehe ich immer von einem schlechtesten Resultat aus beziehungsweise von gar keinem. Ich bin fest davon ausgegangen, dass wir nicht der deutsche Oscar-Beitrag werden – es gab ja in dem Jahr genügend starke deutsche Filme, ich war sehr positiv überrascht, als wir ausgewählt wurden. Ich hatte nicht gedacht, dass wir für den Golden Globe nominiert werden, das war auch eine freudige Überraschung.

Sie können als Mitglied der Academy auch über die Oscars mit abstimmen – wie wichtig ist das für Sie?

DONNERSMARCK Ich weiß aus eigener Erfahrung, was es für einen Film bedeuten kann, nominiert und ausgezeichnet zu werden. Im Falle von „Das Leben der Anderen“ hat erst diese Nominierung und dann Auszeichnung im eigenen Land zu den höheren Besucherzahlen geführt. Ich erinnere mich, als Fatih Akin, der ja wirklich einer unserer besten und international erfolgreichsten Regisseure ist, bei den Golden Globes im vorigen Jahr ausgezeichnet wurde. Da war sein erster Satz bei der Dankesrede „Das bedeutet 100 000 mehr Zuschauer in Deutschland“. Das fand ich wahnsinnig sympathisch, dass er als erstes daran denkt, dass dieser in Los Angeles verliehene, internationale Preis ihm vor allem in Deutschland helfen wird. Unser Film „Das Leben der Anderen“ wäre bestimmt nicht überall in der Welt gezeigt worden, wenn er nicht nominiert worden wäre. Danach wurde er in Länder verkauft, die ihn sonst nicht hätten vermarkten können.

Sebastian Koch wurde durch „Das Leben der Anderen“ weltweit bekannt und spielt in internationalen Filmen. Könnte das nun auch „Werk ohne Autor“-Hauptdarsteller Tom Schilling passieren?

DONNERSMARCK Ich würde mir das wünschen. Er hat auf jeden Fall das Zeug zum internationalen Star. Die Reaktionen auf sein Spiel sind sehr gut. Er ist einfach ein großartiger Schauspieler, ein sehr subtiler, genauer, kluger und ehrlicher Schauspieler und ein besonders angenehmer Mensch. Ich würde ihn auf jeden Fall sofort wieder besetzen, auch in einem amerikanischen Film. Ich denke mir, er wäre zum Beispiel ein großartiger Westernheld. Ein deutschstämmiger Sheriff, den jeder unterschätzt, weil er zurückhaltend ist und nicht aussieht wie Dwayne Johnson. Der aber gerechter ist und besser schießen kann als sie alle.

Die Oscars werden am 24. Februar verliehen. Alle Nominierungen unter www.oscar.go.com

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