Kammermusiktage Mettlach „Es gibt dort so viel zu entdecken“

Mettlach/Saarbrücken · Nach 33 Jahren haben die Kammermusiktage Mettlach eine neue Leitung: Franziska Hölscher will neue Spielorte abseits der Alten Abtei anbieten und neue Akzente setzen. 2019 gibt es Auftritte von Nils Mönkemeyer, Andrè Schuen und der Schauspielerin Katja Riemann.

 Franziska Hölscher spielt bei einigen Konzerten der Kammermusiktage selbst mit: am 10. August etwa im Merziger Zeltpalast beim „Karneval der Tiere“, wo Katja Riemann Texte von Roger Willemsen lesen wird, und auch am 11. August zusammen mit Nils Mönkemeyer, Eckart Runge und William Youn.

Franziska Hölscher spielt bei einigen Konzerten der Kammermusiktage selbst mit: am 10. August etwa im Merziger Zeltpalast beim „Karneval der Tiere“, wo Katja Riemann Texte von Roger Willemsen lesen wird, und auch am 11. August zusammen mit Nils Mönkemeyer, Eckart Runge und William Youn.

Foto: Irene Zandel

„33 Jahre habe ich das jetzt gemacht – das reicht eigentlich“, sagt Joachim Arnold und meint die Kammermusiktage Mettlach. Als 20-Jähriger stellte der heutige „Musik & Theater Saar“-Chef und Betreiber des Merziger Zeltpalasts einst das Programm seines Festivals zum ersten Mal zusammen. 2018 war sein kammermusikalischer Schwanengesang als künstlerischer Leiter. Denn er fand, das Festival könne eine Luftveränderung gebrauchen, jemanden aus einer jüngeren Generation, gerade nach dem jüngsten, sehr erfolgreichen Jahrgang. „Das ist dafür der beste Zeitpunkt.“

Den Stab gibt Arnold nun, für mindestens drei Jahre, an die Musikerin Franziska Hölscher weiter, die man beim Festival schon mehrfach in der Mettlacher Abtei erleben konnte – ebenso hätte man die Geigerin aber auch in der Berliner Philharmonie oder im Mozarteum Salzburg treffen können, im Festspielhaus Baden-Baden oder im Concertgebouw Amsterdam. Hölscher ist so renommiert wie viel unterwegs. Nach dem kurzen Besuch diese Woche im Saarland, um sich den Medien vorzustellen und dem Kultusministerium, einem wichtigen Unterstützer der Kammermusiktage, geht es für sie wieder auf Konzertreise, bis einen Tag vor Weihnachten.

Neben dem Musizieren habe sie „immer schon die Leidenschaft verspürt, auch konzeptionell zu arbeiten“, sagt Hölscher  – so leitet sie seit 2014 mit ihrem Duopartner Severin von Eckardstein die Kammermusik­reihe „Klangbrücken“ im Konzerthaus Berlin. Und jetzt auch die Kammermusiktage, deren  Atmosphäre, nicht zuletzt durch den Spielort, der Alten Abtei, sie „immer als etwas ganz Besonderes“ empfindet.

Arnold, der Hölschers musikalische Arbeit, aber auch die Konzeption der „Klangbrücken“ immer aufmerksam verfolgte, habe ihr vor einem Jahr angeboten, bei den Kammermusiktagen eine Art „Festival im Festival“ mit einigen Konzerten zu planen und zu bespielen. „Als ich ihm meine Ideen schickte, rief er einen Tag später an und fragte mich, ob ich nicht die gesamten Kammermusiktage leiten wolle.“ Hölscher musste nicht lange überlegen. Vom 7. Juli bis 25. August laufen nun ihre ersten Kammermusiktage, mit zwölf Konzerten, von denen einige schon fest gebucht sind:  Der international erfolgreiche Bratschist Nils Mönkemeyer kommt, ebenso Eckart Runge, Cellist des Artemis Quartetts, im Duo mit dem Pianisten Jacques Ammon, außerdem der Bariton Andrè Schuen zusammen mit Daniel Heide, die Schuberts „Winterreise“ aufführen werden. Am 10. August wird die Schauspielerin Katja Riemann auftreten: Zusammen mit Hölscher, weiteren Festivalkünstlern und Studierenden der Hochschule für Musik Saar (HfM) spielen sie den „Karneval der Tiere“ von Camille Saint-Saëns, Riemann trägt Texte von Roger Willemsen vor.

Spielort dafür ist nicht die Alte Abtei, sondern erstmals der Merziger Zeltpalast; überhaupt kann sich Hölscher auch andere Spielorte in der Region vorstellen – warum nicht ein Konzert in einer verlassenen und verwunschenen Kapelle, in einem alten Fabrikgebäude oder auf einem Weingut? („Interessierte Winzer können sich gerne melden“, wirft Arnold ein). Hölscher würde gerne die „klassische Konzertsituation etwas aufbrechen“ und womöglich auch ein jüngeres Publikum ansprechen. Angedacht sind etwa auch Diskussionsrunden und öffentliche Proben, „in denen der Zuhörer in den Prozess des Musikmachens einbezogen wird“.

Muss das traditionell treue Publikum der Kammermusiktage nun fürchten, sein Festival nicht wiederzuerkennen? „Überhaupt nicht“, sagt Hölscher, die zu den ersten Konzerten 2019 das Rivinius Klavierquartett und den Pianisten  Bernd Glemser eingeladen hat, „sozusagen die DNA der Kammermusiktage. Aber man kann schon peu à peu versuchen, Dinge anders zu machen.“ Etwa wenn es bei dem Auftritt von Runge und Ammon schon in Richtung Tango und Jazz gehen könnte. Generell wünscht sich Hölscher eine große Bandbreite, einen Dialog etwa zwischen „zeitgenössischer und Alter Musik. Die Moderne aus dem Blickwinkel der Alten Musik zu beleuchten, und das Moderne im Alten zu finden – es gibt dort so viel zu entdecken“.

Arnold wirkt sichtlich zufrieden mit dem, was sein altes Festival in Zukunft bieten wird.  Aber fällt es dem energetischen Musiker/Organisator schwer, nach 33 Jahren nicht doch noch ein Wörtchen mitzureden? „Ich kann total loslassen“, sagt er, „und gebe Franziska eine ‚Carte blanche‘. Bei den Kammermusiktagen ist ja nichts in Stein gemeißelt. Wir sind eine etablierte Marke – aber mit der geht es jetzt eben einen Schritt weiter.“ Das komplette Programm wird am 20. Februar bei einer Soiree mit Musik vorgestellt, in der Saarländischen Landesvertretung in Berlin.

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