Winterkorn droht der Prozess Ex-VW-Chef in „Dieselgate“ angeklagt

Braunschweig · Martin Winterkorn muss sich ebenso wie vier weitere Führungskräfte wohl vor Gericht verantworten. Die Anklage ist Freitag eingegangen.

 Dem früheren VW-Chef Winterkorn droht ein Verfahren.

Dem früheren VW-Chef Winterkorn droht ein Verfahren.

Foto: dpa/Bernd von Jutrczenka

Im Abgas-Skandal von Volkswagen ist der frühere Konzern-Chef Martin Winterkorn gemeinsam mit vier weiteren Führungskräften unter anderem wegen schweren Betrugs angeklagt worden. Die Staatsanwaltschaft Braunschweig hält ihnen zudem vor, das Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb missachtet zu haben. „Das Landgericht Braunschweig hat die Anklage am Freitag erhalten und wird jetzt die Klage-Zulassung prüfen“, sagte der zuständige Oberstaatsanwalt.

Winterkorn mitgezählt richtet sich die Klage gegen insgesamt fünf Manager, die „eine in einer einzigen strafbaren Handlung verwirklichte Mehrzahl von Straftatbeständen“ begangen haben sollen. Keine Angaben machte die Staatsanwaltschaft, um wen es sich bei den anderen vier Beschuldigten handelt. Ihnen drohen bei einer Verurteilung zwischen sechs Monaten und zehn Jahren Haft. Zudem sollen ihnen unrechtmäßig erlangte Bonuszahlungen wieder entzogen werden. „Es handelt sich dabei um Beträge zwischen knapp 300 000 Euro bis hin zu knapp elf Millionen Euro“, teilte die Anklagebehörde mit.

Dem Ex-Manager Winterkorn wird zudem Untreue vorgeworfen, weil er die rechtswidrigen Manipulationen an den Diesel-Motoren nicht umgehend Behörden und Kunden bekannt gemacht habe, nachdem er davon erfahren habe. Mit Wissen und Billigung auch Winterkorns habe es noch im November 2014 ein Softwareupdate mit Kosten von 23 Millionen Euro gegeben – so die Anklagebehörde –, „das nutzlos war und dazu dienen sollte, den wahren Grund für die erhöhten Schadstoffwerte im Normalbetrieb der Fahrzeuge weiter zu verschleiern“.

Eine Fluchtgefahr sieht Ziehe bei Winterkorn auch angesichts eines internationalen Haftbefehls der USA nicht gegeben. Er wies zugleich einen Vorwurf von Winterkorns Verteidigung zurück, wonach ihr die Anklagebehörde nach der Übermittlung von sieben DVDs mit rund 300 Ordnern keine Gelegenheit zur Durchsicht bislang unbekannter Akten sowie einer Stellungnahme gewährt habe. „Wir gehen davon aus, dass wir der Verteidigung ausreichend rechtliches Gehör gewährt haben“, sagte er.

Der Volkswagen-Konzern wollte die Anklageerhebung nicht kommentieren. Ein Sprecher verwies darauf, dass die strafrechtlichen Ermittlungen gegen den Konzern selbst mit der Zahlung eines milliardenschweren Bußgeldes beendet seien – es sich nun also um individuelle Ermittlungen gegen Einzelpersonen handle. „Die nun bekannt gewordene Anklageerhebung der Staatsanwaltschaft Braunschweig gegenüber Herrn Winterkorn und weiteren Beschuldigten stehen im Zusammenhang mit individuellen Ermittlungen gegen Einzelpersonen, zu denen sich die Volkswagen AG nicht äußert“, so der Sprecher.

Zum Hintergrund des Falls: Am 18. September 2015 hatten die Umweltbehörden in den USA bekannt gegeben, dass bei Abgasmessungen von VW-Modellen nicht alles mit rechten Dingen zugegangen sei. Der VW-Konzern hatte am 20. September 2015 nach den US-Ermittlungen „Manipulationen“ an seinen Dieselmotoren eingeräumt. Weltweit hatte VW in rund elf Millionen Dieselfahrzeugen illegale Software eingesetzt, die den Schadstoffausstoß bei Emissionstests drosselt.

Winterkorn hatte immer wieder betont, er habe von den Manipulationen nichts gewusst, sie seien Taten einzelner Ingenieure gewesen. Die Anklage stützt sich nun aber nach Angaben des „Spiegel“ unter anderem auf ein Dokument, demzufolge Winterkorn bereits im Mai 2014 über die Unregelmäßigkeiten im Bilde war – sie aber nicht stoppte, sondern weiter duldete.

(dpa)
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