Abschied aus Fraktion Die tiefe Zerrissenheit der AfD

Berlin · Mit einem spektakulären Auftritt verabschiedet sich Frauke Petry aus der neuen AfD-Fraktion – und überlässt Gauland und Weidel die Macht.

 Sie setzt sich ab, und den anderen kommt es gerade recht: AfD-Parteichefin Frauke Petry (v. links) neben dem Co-Vorsitzenden Jörg Meuthen und den Spitzenkandidaten Alexander Gauland und Alice Weidel. 

Sie setzt sich ab, und den anderen kommt es gerade recht: AfD-Parteichefin Frauke Petry (v. links) neben dem Co-Vorsitzenden Jörg Meuthen und den Spitzenkandidaten Alexander Gauland und Alice Weidel. 

Foto: dpa/Julian Stratenschulte

Artig ließ sich Parteichefin Frauke Petry anfangs zusammen mit den anderen AfD-Wahlsiegern von den Fotografen dirigieren. Riesenandrang in der Bundespressekonferenz. Der Tag der Sieger. „Lächeln, lächeln“, raunte der Co-Parteichef Jörg Meuthen ihr zu. Doch dann ließ die 42-Jährige nach kurzem Lob für den „Riesenerfolg“ am Sonntag eine „Bombe“ platzen, wie Meuthen es später nannte: „Ich will der AfD-Bundestagsfraktion nicht angehören.“ Stand auf, nahm ihre Tasche und ging.

Zurück blieb eine konsternierte Führung, Meuthen, Alexander Gauland und Alice Weidel. „Das war nicht mit uns abgesprochen“, sagte Meuthen entschuldigend. Er wirkte wie auch die anderen beiden AfD-Spitzenpolitiker echt überrascht, jedoch nicht sehr geknickt über den Vorfall. Gauland, der schon am Wahlabend in einer TV-Debatte über die vielen innerparteilichen Auseinandersetzungen gesagt hatte, die AfD sei eben ein „gäriger Haufen“, formulierte trocken: „Jetzt ist halt jemand obergärig geworden.“

Petry will ihr Bundestagsmandat offenbar behalten; sie hat es in Sachsen direkt gewonnen. Das Motiv, der Fraktion fern zu bleiben, entschlüsselte sich aus ihren Äußerungen nicht ganz. Dass sie eine neue Fraktion abtrünniger AfDler gründen will, ist wenig wahrscheinlich; dazu müsste sie fünf Prozent aller Bundestagsabgeordneten um sich scharen, also 35 Leute. So viele Anhänger sind derzeit nicht erkennbar. Es könnte allenfalls eine fraktionslose „Gruppe“ werden, die keine besonderen Rechte hätte.

In ihrem kurzen Statement sprach Petry von „abseitigen Positionen“, die es in der AfD gegeben habe und erklärte, ihr Ziel sei es nicht, Opposition zu sein, sie wolle, dass die AfD 2021 regiere. „Eine anarchistische Partei kann kein glaubwürdiges Regierungsangebot sein.“

Auf wen die Attacken zielten, ließ Petry offen. Es ist jedoch kein Geheimnis, dass sie sich seit dem Kölner Parteitag im April, auf dem sie de facto entmachtet wurde, mit Meuthen, Gauland, und Weidel komplett entzweit hat. Sie habe schon lange nicht mehr an Vorstandssitzungen oder Telefonkonferenzen teilgenommen, berichtete Meuthen. Für den nationalkonservativen Flügel in der AfD ist Petry mittlerweile regelrecht zum Feindbild geworden, weil sie den Parteiausschluss von Thüringens Landeschef Björn Höcke fordert.

In der neuen, 94-köpfigen Bundestagsfraktion hätte Petry wenige Unterstützer gehabt, geschweige denn, dass sie dort noch Fraktionsvorsitzende hätte werden können, was sie ursprünglich anstrebte. Dafür kandidieren bei der konstituierenden Sitzung am heutigen Dienstag nun Weidel und Gauland, die jetzt die wirklich Mächtigen in der AfD sind. Denn Meuthen gehört dem Bundestag nicht an, sondern nur dem Landtag in Stuttgart.

Fraglich ist, ob Petry im Dezember beim nächsten Parteitag wieder als Parteichefin antreten wird und dort noch Chancen hat. Der Berliner Landeschef Georg Pazderski sagte, es wäre „nur logisch und konsequent“, wenn sie auf eine Wiederwahl verzichte. Weidel und der dem rechten Flügel angehörende Landeschef von Sachsen-Anhalt, André Poggenburg, forderten Petry sogar schon auf, aus der Partei auszutreten. Petrys eigener Kreisverband in der Sächsischen Schweiz verlangte gar nach einem Parteiausschluss.

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