Neuer Bundestagspräsident Schäuble soll für Ordnung sorgen

Berlin · Der amtierende Finanzminister wird voraussichtlich neuer Bundestagspräsident – ein wohlüberlegter Schachzug der Kanzlerin.

 Noch-Finanzminister Wolfgang Schäuble wird wahrscheinlich Nachfolger von Norbert Lammert als Bundestagspräsident.

Noch-Finanzminister Wolfgang Schäuble wird wahrscheinlich Nachfolger von Norbert Lammert als Bundestagspräsident.

Foto: dpa/Michael Kappeler

Wolfgang Schäuble ist der Erfahrenste von allen. Mittlerweile sitzt er 45 Jahre im Bundestag, vier weitere kommen hinzu. Er war Kanzleramtschef, Innenminister und ist (noch) Finanzminister. Schäuble war Fraktionsvorsitzender, CDU-Chef, zunächst Vertrauter von Ex-Kanzler Helmut Kohl und dann von Angela Merkel. Er soll nun der nächste Bundestagspräsident werden. Ein Amt, das protokollarisch das zweithöchste im Staate ist.

In einem auf sechs Fraktionen angewachsenen Bundestag, darunter erstmals eine rechte Partei mit mehr als 90 Abgeordneten, soll jemand auf dem Präsidentenstuhl sitzen, der eine besondere Autorität hat. Und die hat im neuen Parlament eigentlich nur Schäuble, wie selbst politische Gegner einräumen. Der zweite Name, der in den letzten Tagen für die Nachfolge von Norbert Lammert (CDU) kursierte, der von Noch-Gesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU), klang da im Vergleich doch etwas federleicht. Für die SPD soll übrigens die bisherige Vize-Präsidentin Ulla Schmidt auf ihren Verbleib im Amt drängen. Allerdings hat auch Ex-Fraktionschef Thomas Oppermann Ambitionen.

Schäuble ist für seine messerscharfe Rhetorik bekannt. Er weiß, wie man Abgeordnete, die sich im Ton vergreifen, diszipliniert, ohne dabei unfair zu wirken. Denn der Bundestagspräsident muss überparteilich agieren. Niemand außer ihm kennt den politischen Betrieb so in- und auswendig, niemand ist so gut vernetzt und kein anderer hat zugleich so viel Erfahrung auf internationalem Parkett. Würdig repräsentieren kann er das Land, gut reden sowieso. Das alles waren die Argumente der Unionsspitze für Schäuble. Überraschend ist freilich der Zeitpunkt der Verkündung: Denn nun ist quasi eine Vorentscheidung für die Regierungsbildung gefallen. Merkel gibt das wichtige Amt des Finanzministers preis und setzt damit ein erstes, deutliches Zeichen in Richtung Jamaika-Bündnis. Auf das Finanzressort lauert die FDP. Parteichef Christian Lindner sicherte Schäuble gestern denn auch gleich die Unterstützung der FDP zu.

In zwei Wochen, wenn die Unionsfraktion wieder zusammenkommt, wollen Fraktionschef Volker Kauder und CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt Schäuble offiziell den Abgeordneten vorschlagen. Breite Zustimmung gilt als sicher, denn Schäuble ist für viele Parlamentarier ein großes Vorbild. Für ihn selbst ist das Amt des Bundestagspräsidenten der krönende Abschluss einer beispiellosen politischen Karriere.

Die Konstituierung des neuen Bundestages mit der Wahl des neuen Bundestagspräsidenten muss bis spätestens am 24. Oktober erfolgen.

Als dienstältester Abgeordneter wird Schäuble die erste Sitzung ohnehin eröffnen. „Dann kann er gleich weitermachen“, kommentierte gestern einer aus der Union.

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