Bilderstrecke zu rassistischer Mordserie Die Schlüsselfiguren des NSU-Prozesses
BEATE ZSCHÄPE: Die 42-Jährige ist als einzige als Mitglied des NSU angeklagt. Die Bundesanwaltschaft wirft ihr die volle Mittäterschaft an allen NSU-Verbrechen vor. Das sind neun rassistisch motivierte Morde der "Ceska-Serie", der Mord an der Polizistin Michele Kiesewetter, zwei Sprengstoffanschläge mit vielen Verletzten und mehr als ein Dutzend Raubüberfälle. Die unmittelbaren mutmaßlichen Todesschützen, Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt, hatten sich nach einem gescheiterten Bankraub im November 2011 das Leben genommen. Im Prozess hatte Zschäpe gesagt, immer erst nach den Taten davon erfahren zu haben.
UWE MUNDLOS: Der Professoren-Sohn gilt als intellektueller Kopf der Terrorzelle. Es heißt, er las gern und diskutierte viel. Plumpe Neonazi-Parolen sollen nicht sein Ding gewesen sein. Er galt als überpünktlich und ordentlich. Mundlos soll zusammen mit Böhnhardt zehn Morde und zwei Anschläge geplant und ausgeführt haben. Am 4. November 2011 beging er nach derzeitigem Ermittlungsstand zusammen mit Böhnhardt Suizid.
UWE BÖHNHARDT: Der Freund Zschäpes soll zusammen mit Uwe Mundlos die Morde und Anschläge verübt haben, die dem NSU vorgeworfen werden. Am 4. November 2011 töteten sich Böhnhardt und Mundlos den bisherigen Ermittlungen zufolge nach einem missglückten Banküberfall, um der drohenden Festnahme zu entgehen. Böhnhardt wird als Waffennarr bezeichnet, der schnell und gerne zuschlug.
RALF WOHLLEBEN: Der ehemalige Thüringer NPD-Funktionär ist neben Zschäpe der einzige Angeklagte, der in Untersuchungshaft sitzt. Der Vorwurf gegen ihn lautet, er habe die Mordwaffe vom Typ "Ceska" organisiert und gewusst, wofür Mundlos und Böhnhardt sie benutzen wollen. Wohlleben bestreitet das. Er habe dem eigentlichen Überbringer der Waffe nur auf Nachfrage einen Tipp gegeben. Er ist wegen Beihilfe zum Mord in neun Fällen angeklagt.
HOLGER G.: Der Mitangeklagte gab zu, dem NSU-Trio eine Waffe übergeben zu haben. Außerdem habe er Ausweispapiere mit falschen Namen zur Tarnung beschafft. Er habe sich immer wieder mit den Dreien getroffen, um mit "Systemchecks" die Tarn-Identitäten zu aktualisieren. Nach dem Auffliegen hatte G. die Ermittler in einer Vernehmung auf die Spur der "Ceska" gebracht. Angeklagt ist auch er wegen Unterstützung einer terroristischen Vereinigung.
CARSTEN S.: Er ist der mutmaßliche Überbringer. Er händigte die "Ceska" in einem Chemnitzer Abbruchhaus an Böhnhardt und Mundlos aus, die zu der Zeit mit Zschäpe im Untergrund lebten. Kurz nach dem Auffliegen des NSU wurde er festgenommen und gestand umfassend. Dabei belastete er Wohlleben: Der habe ihm den Auftrag zum Kauf und der Überbringung der Waffe erteilt. Auch S. ist wegen Beihilfe zum Mord angeklagt.
ANDRÉ E.: Der gelernte Maurer hat auch nach Aussage von Zschäpe bis zum Schluss Kontakt zu dem im Untergrund lebenden Trio gehalten. E. half Zschäpe bei ihrer kurzen Flucht nach dem Tod ihrer Freunde Mundlos und Böhnhardt. Im Prozess schwieg er konsequent. Mundlos und Böhnhardt fühlt er sich offenbar bis heute verbunden. Bei einer Durchsuchung seiner Wohnung fanden Polizisten ein vom ihm selbstgemaltes Bild, auf dem die Porträts der beiden zu sehen sind mit dem Schriftzug "unvergessen". Angeklagt ist er unter anderem wegen Unterstützung einer terroristischen Vereinigung.
MANFRED GÖTZL: Der Franke ist dafür bekannt, dass er sich strikt an Regeln hält. Er gilt als akribisch, fair und manchmal aufbrausend. Götzl hat Erfahrung mit spektakulären Fällen. 2005 verurteilte er den Mörder des Modezaren Rudolph Moshammer zu lebenslanger Haft. Götzls Entscheidungen hatten fast immer Bestand: In sieben Jahren als Vorsitzender des Schwurgerichts kassierte der Bundesgerichtshof nur ein einziges seiner Urteile. 2010 übernahm Götzl den Staatsschutzsenat am OLG. Im Prozess zeigt er auch bei den zähesten Zeugenbefragungen eine bewundernswerte Geduld und gibt sich Mühe, nicht aus der Haut zu fahren. Wird seine Verfahrensführung kritisiert, gelingt ihm das allerdings nicht immer.
SEMIYA SIMSEK: Eines der bekanntesten Gesichter der Nebenkläger. Simseks Vater Enver, der in Nürnberg getötet wurde, war das erste NSU-Opfer. Semiya Simsek wurde für ihr Engagement mit dem Olympe-de-Gouges-Preis ausgezeichnet.
GAMZE KUBASIK: Die ebenfalls bekannte Nebenklägerin Kubasik und ihre Mutter Elif schilderten vor Gericht, wie sie selbst und ihre Familie in den Fokus von Ermittlern und der Öffentlichkeit gerieten, nachdem der Familienvater ermordet worden war. "Wir haben uns geliebt. Mit seiner Ermordung sind all unsere Träume zerbrochen", sagte Elif Kubasik.
TINO BRANDT: Brandt war nicht nur ein Anführer der rechten Szene in Thüringen und Kopf des "Thüringer Heimatschutzes", sondern auch gut bezahlter V-Mann des Thüringer Verfassungsschutzes. Er soll über die Jahre hinweg insgesamt rund 200 000 Mark Honorar erhalten haben. Zschäpe sagte über Brandt, dieser sei zu Zeiten der Jenaer Kameradschaft "der Mittelpunkt aller Aktionen" gewesen. Er habe auch nach dem Abtauchen noch mit Mundlos und Böhnhardt telefoniert.
Herbert Diemer: Der Bundesanwalt sagte im Laufe des Prozesses "Wir hoffen, dass der Gerichtsprozess das Bewusstsein für die Gefahren des Rechtsextremismus auf allen Ebenen der Gesellschaft und des Staates zusätzlich schärft und dadurch dazu beiträgt, dass sich eine solche rassistische Mordserie nicht wiederholen kann". Diemer schätzt, dass das jüngst verschobene Plädoyer der Anklage 22 Stunden dauern wird und auf mehrere Tage bis zum 1. August verteilt wird.