Oliver Krischer im Interview „Scheuers erste Priorität ist Aussitzen“

Berlin · Der Grünen-Experte Oliver Krischer kritisiert die Diesel-Pläne des Bundesverkehrsministers.

Der Vizefraktionschef und Umweltexperte der Grünen, Oliver Krischer.

Der Vizefraktionschef und Umweltexperte der Grünen, Oliver Krischer.

Foto: dpa/Kay Nietfeld

Die Bundesregierung will am kommenden Montag Lösungen zur Diesel-Krise beschließen. Das hat Kanzlerin Angela Merkel (CDU) angekündigt. Gestern wurden dazu konkrete Pläne von Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) bekannt. Was taugen die Vorschläge? Darüber sprach unser Korrespondent Stefan Vetter mit dem Vizefraktionschef und Umweltexperten der Grünen, Oliver Krischer:

Herr Krischer, der Verkehrsminister plant einen Mix aus technischen Umrüstungen und großzügigeren Umtauschprämien, um endlich sauberere Diesel auf die Straße zu bringen. Ist er damit auf dem richtigen Weg?

KRISCHER Seit drei Jahren ist das Problem bekannt, seitdem haben die Verkehrsminister nicht eine wirksame Maßnahme auf den Weg gebracht. Ansonsten würde es auch keine Debatte über drohende Fahrverbote in über 60 Innenstädten geben. Und die Umtauschprämien kann ich nur als Witz auffassen. Das hat auch schon in der Vergangenheit nicht funktioniert.

Klar ist aber, dass sich nicht alle Diesel-Pkw umrüsten lassen.

KRISCHER Ja, bei Euro4-Fahrzeugen hat man keine Chance, also bei Autos, die meistens älter als zehn Jahre sind. Bei Euro5-PKW sieht das schon anders aus, da ist das in der Regel möglich für rund 2000 Euro. Hätte man gleich wirksame Maßnahmen in Angriff genommen und neuere Fahrzeuge nachgerüstet, würde es keine Fahrverbote geben und auch die Besitzer von älteren Fahrzeugen müssten sich keine Sorgen um die Einfahrt in die Innenstädte machen.

Scheuer besteht bei Nachrüstungen nicht mehr auf eine Selbstbeteiligung der Diesel-Halter. Das ist doch eine gute Nachricht.

KRISCHER Man wird sehen, was am Ende rauskommt. Der Verkehrsminister will keine Hardware-Nachrüstung und kämpft mit allen Mitteln dagegen. Er hat bisher auch nur ein theoretisches Modell vorgestellt, wie so etwas aussehen könnte. Die erste Priorität von Verkehrsminister Scheuer ist nach wie vor: Aussitzen.

Kann man die Autohersteller überhaupt zur Nachrüstung zwingen?

KRISCHER Auf jeden Fall. Der Verkehrsminister kann hohe Bußgelder androhen und dann dürften die Hersteller ganz schnell kooperativ werden. Da gehen bis zu 5000 Euro pro Fahrzeug. Eine Nachrüstung dürfte da billiger kommen. Und man muss eines bedenken: Wenn die Autohersteller nicht endlich Verantwortung übernehmen, darf der Steuerzahler in absehbarer Zeit Millionen an die EU Kommission überweisen. Die hat nämlich eine Klage gegen Deutschland eingereicht, weil es keine wirksamen Maßnahmen zur Luftreinhaltung gibt.

Mal ehrlich, Ihnen wäre es doch am liebsten, wenn alle Diesel aus dem Straßenverkehr verschwinden würden, oder?

KRISCHER Wenn die Abgasreinigung funktioniert und die Grenzwerte eingehalten werden, können gerne in den nächsten Jahren Diesel-PKW verkauft werden. Was jetzt aber wichtig ist: Die Kanzlerin muss endlich ein Machtwort bei der Hardware-Nachrüstung sprechen und das durchsetzen. Gerade lässt sie sich von ihrem Verkehrsminister und den Autokonzernen an der Nase herumführen.

Wie könnte eine für alle tragbare Lösung aussehen?

KRISCHER Die Autokonzerne haben das Geld. Die Hardware-Nachrüstung ist im großen Stil möglich, und die technischen Bauteile stehen schon heute zur Verfügung. Es fehlt nur der politische Wille bei der CSU im Verkehrsministerium, dass die Luft in den Innenstädten sauberer wird.

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