Weniger als 800 Euro im Monat Fast jeder Zweite bezieht Mini-Rente

Berlin · Neue Daten der Bundesregierung zeigen: Die meisten Rentner in Deutschland leben von weniger als 1000 Euro im Monat.

 Mit weniger als 1000 Euro im Monat ist Einkaufengehen für viele Rentner in Deutschland keine sorglose Angelegenheit. 

Mit weniger als 1000 Euro im Monat ist Einkaufengehen für viele Rentner in Deutschland keine sorglose Angelegenheit. 

Foto: dpa/Silas Stein

Fast jeder zweite Altersrentner in Deutschland kommt auf eine gesetzliche Rente von weniger als 800 Euro im Monat. Für knapp zwei Drittel liegt der ausgezahlte Betrag unter 1000 Euro. Das geht aus einer gestern veröffentlichten Datenübersicht der Bundesregierung hervor. Das zuständige Arbeits- und Sozialministerium warnte allerdings davor, die Rentenhöhe als alleinigen Maßstab für die Einkommenssituation im Alter zu betrachten. Nachfolgend die wichtigsten Fakten und Hintergründe:

Wer bekommt wie viel?

Nach den aktuell verfügbaren Daten erhielten im Jahr 2016 rund 8,6 Millionen Ruheständler weniger als 800 Euro Rente. Das entsprach einem Anteil von 48 Prozent. Bei insgesamt 11,3 Millionen Rentnern betrugen die gesetzlichen Altersbezüge weniger als 1000 Euro im Monat. Das waren 62 Prozent. Auf mehr als 1000 Euro kamen knapp zwei Drittel der Männer, aber nur etwa ein Fünftel der Frauen im entsprechenden Alter. Bei den Angaben handelt es sich um die Rentenzahlungen nach Abzug der Sozialbeiträge. Eventuell anfallende Steuern sind nicht berücksichtigt.

Warum ist der Anteil von Mini-Renten so hoch?

Die Renten in Deutschland bemessen sich grundsätzlich an den Löhnen – wer sein Leben lang wenig verdient hat, erhält auch eine niedrige Rente. Die Rentenversicherung wies jedoch darauf hin, dass sich der hohe Anteil von Renten unter 800 Euro häufig mit Kleinstrenten erklärt, die durch kurze Rentenversicherungszeiten zustande kamen. Das betrifft beispielsweise Arbeitnehmer und Angestellte, die sich frühzeitig selbstständig gemacht haben oder in den Beamtendienst übernommen wurden und deshalb auch noch von anderen Sicherungssystemen profitieren.

Wie steht es um die Gesamteinkommen?

Berücksichtigt man weitere Einkünfte wie zum Beispiel Betriebsrenten und andere Vorsorgeleistungen, dann stammen ausweislich des jüngsten Rentenversicherungsberichts der Bundesregierung im Schnitt nur 63 Prozent aller den Seniorenhaushalten zufließenden Einkünfte aus der gesetzlichen Rentenversicherung. 22 Prozent kommen aus anderen Alterssicherungssystemen und 15 Prozent aus sonstigen Einkünften. So bezogen im Jahr 2015 zum Beispiel drei Prozent der Frauen im Alter ab 65 eine gesetzliche Rente von weniger als 500 Euro im Monat. Ihr Haushaltseinkommen lag aber im Schnitt bei 1357 Euro. Der Anteil der gesetzlichen Altersbezüge an ihren Gesamteinkünften betrug nur 29 Prozent.

Wie akut ist das Problem der Altersarmut?

Nach aktuellem Stand haben 3,1 Prozent der Rentner so geringe Einkünfte, dass sie zusätzlich auf Grundsicherung im Alter – dem Pendant zu Hartz IV – angewiesen sind. Damit sind die Senioren mit großem Abstand die am wenigsten armutsgefährdete Bevölkerungsgruppe im Land. Zum Vergleich: Unter den Erwerbstätigen liegt die Hartz-IV-Quote bei acht Prozent, unter Kindern bis 15 Jahre sogar bei 15 Prozent. Experten gehen gleichwohl von einer Dunkelziffer, also einer unbekannten Anzahl von Älteren aus, die aus Scham keine Grundsicherung beantragt. Der Ökonom Bruno Kaltenborn – er hat das Problem im Auftrag der Rentenversicherung untersucht – meinte kürzlich: „Es ist plausibel, dass es sie gibt“. Ebenso schlüssig sei aber auch, dass es sich um Menschen mit einem nur geringen zusätzlichen Bedarf handle. „Wer von seiner Rente nicht leben kann, der beantragt die Grundsicherung“, erklärte Kaltenborn.

Was tut die Regierung gegen kleine Renten?

Aktuell arbeitet die Regierung an einem neuen Rentenpaket, das eine Festschreibung des Rentenniveaus auf mindestens 48 Prozent, Verbesserungen bei der Erwerbsminderungsrente sowie eine weitere Aufstockung von bestimmten Mütterrenten beinhaltet. Allein von dieser Aufstockung, die 2019 in Kraft treten soll, würden nach einer Untersuchung des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) 24 Prozent der heutigen Rentnerinnen profitieren – und davon die Haushalte mit den niedrigsten Einkommen überproportional. Ihre Bezüge würden um sechs Prozent steigen.

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