Trotz Kritik der EU-Mitglieder Italien fährt auf Chinas neuer Seidenstraße mit

Rom/Peking · Chinesische Produkte gibt es überall in Italien. Chinesische Touristen drängen sich von Venedig bis Rom bereits jetzt in Massen. Für italienische Modedesigner ist China längst einer der wichtigsten Märkte.

Und legendäre Fußballclubs wie Inter Mailand sind schon jetzt in chinesischer Hand. Kein Wunder also, dass der chinesische Staatspräsident Xi Jinping in Italien knapp vier Tage einen fast kaiserlichen Empfang bekam.

Als erste große Wirtschaftsnation, als erstes Mitglied der sieben Industriemächte (G7) und als erster großer EU-Staat hat sich Italien jetzt Chinas Initiative für eine „Neue Seidenstraße“ angeschlossen. Unter dem Namen will sich China mit Milliardeninvestitionen Handelswege auf der ganzen Welt erschließen.

Was verheißungsvoll klingt, alarmiert die übrigen großen EU-Staaten und die USA. „Es ist naiv zu denken, dass man im Gegenzug für Wohlgefallen für die chinesische Regierung große wirtschaftliche Unterstützung bekommt“, sagt Lucrezia Poggetti vom Mercator Institute for China Studies. „China sitzt am längeren Hebel“ und verschaffe sich „Legitimität“ für ein höchst umstrittenes Projekt. Italien breche mit seinen historischen EU-Partnern wie Frankreich und Deutschland, die dem „Seidenstraßen“-Deal skeptisch gegenüberstehen.

Bei den nun unterzeichneten Abkommen geht es unter anderem um Rindersamen, Orangen und tiefgefrorenes Schweinefleisch, das Italien nun nach China exportieren darf. Es geht um Investitionen für die Häfen in Triest und Genua, die im Vergleich zu Hamburg oder Rotterdam alt aussehen. Es geht um Banken­deals und um Medienkooperationen. China verspricht zudem, mehr Touristen nach Italien zu bringen. Italien gibt dafür Kulturschätze an Peking zurück.

„Für uns ist heute ein Tag, an dem ‚Made in Italy’ gewinnt, an dem Italien gewinnt, an dem die italienischen Unternehmen gewinnen“, jubelte Vize-Regierungschef Luigi Di Maio von der Fünf-Sterne-Bewegung. Die Deals könnten den Wert von 20 Milliarden Euro erreichen. Das alles sei ein „historischer Meilenstein“.

Bei dem auch „Belt and Road“ (BRI) genannten Vorhaben geht es der kommunistischen Führung in Peking um Investitionen in Häfen, Straßen, Bahnstrecken, Telekom-Netze und Flughäfen. Geld soll in Wirtschafts- und Handelskorridore zwischen China und Europa, Afrika, bis nach Lateinamerika, aber auch innerhalb Asiens fließen.

Der nationale Sicherheitsrat der Vereinigten Staaten warnte, China verfolge einen „räuberischen Ansatz“, der den italienischen Bürgern keine Vorteile bringe. Berlin, Brüssel und Washington haben große Bedenken – auch wenn sich Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) mit offener Kritik an Italien zurückhielt. Sie bemerkte beim Gipfel in Brüssel allerdings, dass „es noch besser ist, wenn man einheitlich agiert“.

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