Gipfel in Rom Kirche ringt um Antworten auf den Missbrauchsskandal

Rom · Führende Vertreter der katholischen Kirche haben am zweiten Tag des Anti-Missbrauchsgipfels im Vatikan dazu aufgerufen, gemeinsam Verantwortung zu übernehmen.

Kein Bischof dürfe annehmen, dass ihn sexueller Missbrauch von Minderjährigen durch Geistliche nichts angehe oder in „seinem Teil der Welt“ nicht stattfinde, sagte der indische Kardinal und Erzbischof von Mumbai, Oswald Gracias, am Freitag in Rom. „Wir müssen bereuen und dies gemeinsam und kollegial tun. Denn auf dem Weg haben wir versagt.“

Papst Franziskus hat die viertägige Konferenz, die an diesem Sonntag zu Ende geht, einberufen, um den lange vertuschten sexuellen Missbrauch von Kindern in der katholischen Kirche künftig zu verhindern und die Bischöfe für das Problem zu sensibilisieren. Dabei sind die Chefs der 114 Bischofskonferenzen weltweit sowie Vertreter der römischen Kurie, von Orden und Religionsgemeinschaften.

Der deutsche Pater Hans Zollner rief den 190 Teilnehmern erneut die Stimme der Opfer in Erinnerung. „Als ich von einem Geistlichen missbraucht wurde, hat mich meine Mutter Kirche alleine gelassen“, las er vor. Der US-amerikanische Kardinal Blase Cupich beklagte „systemisches“ und „massives Versagen“. Der Erzbischof von Chicago plädierte dafür, mehr Nicht-Kleriker in die Aufklärung einzubeziehen.

Während in Ländern wie Deutschland, den USA oder Irland die Aufarbeitung begonnen hat, wird Missbrauch in vielen Ländern Afrikas und Asiens nicht als Problem anerkannt. Um der Diskussion eine Linie vorzugeben, hatte der Papst eine Reihe von Vorschlägen vorgelegt, welche Maßnahmen zum Kampf gegen den sexuellen Missbrauch von Kindern beitragen könnten. Er nannte zum Beispiel den verpflichtenden Einsatz unabhängiger Ansprechpartner für Opfer sexueller Gewalt sowie die Einbeziehung von Experten bei der Auswahl von Kandidaten für das Priesteramt.

Die insgesamt 21 Punkte könnten jedoch nur erste Schritte sein, um weltweit verbindliche Standards für Prävention und den Umgang mit Verdachtsfällen festzulegen, erklärte die Laienorganisation „Wir sind Kirche“. Vielmehr sei eine fundamentale Neuausrichtung nötig. Dazu gehörten die Abschaffung des Pflichtzölibats, die Weihe von Frauen, eine andere Sexualmoral und eine echte Gewaltenteilung. Auch der Missbrauchsbeauftragte der Bundesregierung, Johannes-Wilhelm Rörig, forderte die Kirche auf, jahrhundertealte Machtstrukturen zu überdenken.

Doch es ist fraglich, ob die Konferenz diesen Forderungen auch nur ansatzweise gerecht werden kann. Bindende Beschlüsse können die Teilnehmer nicht fassen. Auch eine Abschlusserklärung steht bisher nicht auf der Agenda.

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