Syrer in Stuttgart vor Gericht Massaker auf der Müllkippe

Stuttgart · In Stuttgart stehen syrische Flüchtlinge wegen der Ermordung von 36 Menschen vor Gericht.

 Einer der Angeklagten gestern auf dem Weg in den Gerichtssaal.

Einer der Angeklagten gestern auf dem Weg in den Gerichtssaal.

Foto: dpa/Sebastian Gollnow

Der Vorwurf der Mitgliedschaft in einer Terrorvereinigung ist am Oberlandesgericht Stuttgart nichts Neues mehr –  solch konkrete Mordvorwürfe gegen mutmaßliche Terroristen hingegen schon. Drei angeklagte Flüchtlinge aus Syrien sollen sich 2013 auf einer Müllkippe nahe der Stadt Tabka an der Hinrichtung von 36 Angehörigen des von ihnen verhassten Assad-Regimes beteiligt haben. Die meisten wurden laut Anklage erschossen, jeweils in Gruppen von fünf oder sechs Männern, andere erschlagen oder erstochen. Die Leichen wurden verscharrt. Ihre Legitimation für das Massaker zogen die Terroristen demnach aus den Todesurteilen eines Scharia-Gerichts der Dschabhat al-Nusra. Die radikal-islamistische Organisation gilt als eine maßgebliche Konfliktpartei im Bürgerkrieg. Die Bundesanwaltschaft bringt sie mit mehr als 1500 Anschlägen und 8700 Toten in Verbindung.

Die Opfer des Müllkippen-Massakers – zum großen Teil Polizisten und Sicherheitsleute – waren laut Bundesanwaltschaft zuvor bei der Eroberung der Stadt Rakka gefangen genommen worden. Insgesamt sind in dem neuen Staatsschutzverfahren vier Männer angeklagt, alle auch wegen Mitgliedschaft in der Dschabhat al-Nusra. Alle vier Angeklagten lassen das Gericht am Montag zum Auftakt wissen, dass sie nicht vorhaben, sich zu den Tatvorwürfen oder zu sich selbst zu äußern. Zwei nennen nicht einmal ihr genaues Geburtsdatum. Die Verlesung der Anklage nehmen die zwischen 24 und 35 Jahre alten Männer ohne besondere Regung zur Kenntnis.

Hauptangeklagter ist ein 29-Jähriger, der bei seiner Verhaftung im Juni 2016 in Leimen nahe Heidelberg lebte. Die anderen Angeklagten wurden in der Folge in Berlin, Reiskirchen bei Gießen und in Düsseldorf festgenommen. Alle vier sollen zur gleichen Großfamilie gehören. Der Hauptangeklagte soll bereits 2011 eine kleine Kampfeinheit gegründet haben, um Krieg gegen den Machthaber Baschar al-Assad zu führen. Das Ziel: Der Sturz des Regimes und die Errichtung eines auf islamischem Recht basierenden Gottesstaats. Finanziert habe man sich über eine Erdölquelle, hieß es. Ausgerüstet wurden die Kämpfer mit Kalaschnikow-Sturmgewehren und später auch mit Handgranaten, Raketenwerfern, Maschinengewehren und Panzerfahrzeugen. Das Verfahren wird wohl länger als ein Jahr dauern. 

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