Wer regiert künftig in Berlin? Merkel sucht neue Mehrheit

Berlin · FDP und Grüne sind offen für Jamaika. Die Kanzlerin umwirbt aber auch die SPD. Die CSU ist nervös.

Wer regiert künftig in Berlin?: Merkel  sucht  neue Mehrheit
Foto: dpa/Boris Roessler

Nach dem politischen Erdbeben der Bundestagswahl sucht die angeschlagene Wahlsiegerin Angela Merkel nach Partnern für eine neue Regierung mit ihrer Union.  Grüne und FDP erklärten gestern ihre Bereitschaft zu ernsthaften Sondierungen für ein Jamaika-Bündnis. CDU-Generalsekretär Peter Tauber rief die potenziellen Partner zu Kompromissbereitschaft auf. Alle Parteien rechnen jedoch mit komplizierten Gesprächen. Merkel wollte sich auch deswegen noch nicht endgültig von der Option einer Regierung mit der SPD verabschieden. Es sei sehr wichtig, dass Deutschland auch künftig eine stabile Regierung habe, sagte die Kanzlerin. Allerdings bekräftigte der als Kanzlerkandidat geschlagene SPD-Chef Martin Schulz seine klare Absage an die Neuauflage der bisher ,,großen“ Koalition.

Nach den massiven Verlusten für CDU und CSU rumort es heftig in der Union – was die Bildung einer Koalition mit FDP und Grünen massiv erschweren könnte. Die in Bayern abgestrafte CSU hält zwar an der Fraktionsgemeinschaft mit der CDU im Bundestag fest. In Sondierungsgespräche mit möglichen Koalitionspartnern möchten die Christsozialen aber erst dann eintreten, wenn der künftige Kurs mit der Schwesterpartei geklärt ist. Dabei zeichnen sich Konflikte darüber ab, wie die zur rechtspopulistischen AfD abgewanderten Wähler zurückzugewinnen sind – mit einem Rechts- oder einem Mitte-Kurs.

Bei den Grünen regt sich erster Widerstand gegen die Option einer Jamaika-Koalition. Die direkt gewählte Kreuzberger Grünen-Politikerin Canan Bayram würde ein solches Bündnis im Bundestag nicht unterstützen, bekräftigte sie. Merkel warnte derweil vor Gedankenspielen, angesichts der komplizierten Mehrheitsverhältnisse Neuwahlen anzustreben. „Jedes Spekulieren auf irgendeine Neuwahl ist die Missachtung des Wählervotums“, sagte sie nach einer Sitzung der Führungsgremien ihrer Partei.

Nach dem vorläufigen Endergebnis der Bundestagswahl fiel die Union auf ihr schwächstes Ergebnis seit 1949: 33 Prozent (2013: 41,5). Die SPD stürzte auf ein Rekordtief von 20,5 Prozent (25,7). Die AfD, 2013 knapp gescheitert, legt mit 12,6 Prozent auf knapp das Dreifache zu (4,7). Die FDP kehrt mit 10,7 Prozent in den Bundestag zurück (4,8). Die Linken verbuchen 9,2 Prozent (8,6), die Grünen 8,9 (8,4).

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