Ein Jahr bayerischer Ministerpräsident Inzwischen ist Markus Söder ein ganz Netter

München · An diesem Samstag jährt sich die erste Wahl von Markus Söder (CSU) zum bayerischen Ministerpräsidenten. Schon ein Jahr sitzt der Nürnberger im Chefsessel der Staatskanzlei – man glaubt es kaum.

 Markus Söder ist ein Jahr bayerischer Ministerpräsident und scheint seither viel dazugelernt zu haben.

Markus Söder ist ein Jahr bayerischer Ministerpräsident und scheint seither viel dazugelernt zu haben.

Foto: dpa/Michael Kappeler

Denn kurzweilig war die Landespolitik mit ihm auf jeden Fall, wofür schon sein Amtsvorgänger Horst Seehofer gesorgt hat. Und so wie es aussieht, wird es mit ihm auch nicht langweilig. Dafür werden schon Lufttaxis, Hyperloop und „Bavaria One“ sorgen.

Die Frage, die viele bewegt, ist: Wer ist Markus Söder wirklich? Als Vorgänger Seehofer Ende 2017 nach quälender Demontage den Stabwechsel für das „erste Quartal 2018“ ankündigte, war Söder schon intensiv mit seinem Imagewandel unter dem Arbeitsbegriff „Profil mit Stil“ beschäftigt. Im Sommer 2018 ließ er sich noch auf den Anti-Merkel-Feldzug Seehofers ein, doch danach mutierte er konsequent vom populistischen „Lautsprecher“ zum liberalkonservativen Landesvater.

Aus echter Einsicht oder bloßer Taktik? Der Kabarettist Maxi Schafroth nennt es „Pseudoreflektiertheit“, wenn Söder ein ums andere Mal betont, dass er ordentlich „dazugelernt“ habe. Söder sei einer, der auf dem Schulhof in die schönste Schlägerei verwickelt war und wenn der Lehrer kommt, beteuert: „Ich habe nicht angefangen. Ich bin auf Ihrer Seite.“ Der „Lehrer“, das wäre in diesem Fall der Souverän, der Wähler. Und der hat die CSU am 14. Oktober 2018 abgestraft wie noch nie in ihrer Geschichte. Von 47,7 Prozent im Jahr 2013 stürzte sie auf 37,2 Prozent ab. Ministerpräsident und damit CSU-Spitzenkandidat war Markus Söder. Es gehört zu den Wundern der modernen Politik, dass die Verantwortung für die Niederlage weder von seiner Partei noch von den Wählern bei Söder abgeladen wurde. „Die Taktik, Seehofer die Verantwortung zuzuschieben, ist aufgegangen“, fasst der Politikwissenschaftler Heinrich Oberreuter zusammen. Söder machte seither nach Ansicht der meisten Beobachter wenig falsch. Anders zu Beginn seiner Amtszeit, als er den „Kreuzerlass“ verkündete und sich dafür von den beiden großen christlichen Kirchen herbe Kritik einhandelte.

Inzwischen ist der Söder ein ganz Netter. Sogar die Standard-Forderung, wonach die Türkei als EU-Mitglied niemals in Frage komme, überließ er CSU-Vize Manfred Weber. Seit seinem Amtsantritt im März ist Markus Söder überaus fleißig und allgegenwärtig. Der Protestant Söder wird katholisch, wenn es Bilder bringt, er wird europäisch und verurteilt die antieuropäischen Exzesse des ungarischen Regierungschefs Viktor Orbán. Vor allem aber wird Söder grün, sehr grün sogar. Um das erfolgreiche Volksbegehren „Rettet die Bienen“ noch irgendwie für sich und die CSU zu retten, installierte er mit den Initiatoren einen „Runden Tisch“ mit dem Auftrag, möglichst noch über die Forderungen des Plebiszits hinauszugehen.

Ob das alles etwas nutzt, um persönlich vom Platz des „unbeliebtesten Ministerpräsidenten Deutschlands“ wegzukommen, den die Demoskopen im Sommer 2018 für Söder ermittelten, wird sich schon bald zeigen. Seit dem 19. Januar dieses Jahres ist Söder auch CSU-Vorsitzender und damit verantwortlich für das Abschneiden der Partei bei der Europawahl am 26. Mai. Eine neuerliche Wahlschlappe wird er schwerlich noch einmal auf den Amtsvorgänger abschieben können.

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