Häusliche Gewalt Wenn der Partner täglich zuschlägt

Saarbrücken/Berlin · Mehr als hunderttausend Menschen erleben in Deutschland Gewalt in der eigenen Familie. Die Betroffenen sind überwiegend weiblich.

 Eine Frau in einem Frauenhaus im nord-rheinwestfälischen Herne: Die Einrichtungen sind für viele Opfer von Gewalt häufig die letzte Anlaufstelle.

Eine Frau in einem Frauenhaus im nord-rheinwestfälischen Herne: Die Einrichtungen sind für viele Opfer von Gewalt häufig die letzte Anlaufstelle.

Foto: picture alliance / dpa/dpa Picture-Alliance / Maja Hitij

) Ende Mai 2018. Ein 59-Jähriger platzt in Brebach-Fechingen in eine Familienfeier und eröffnet das Feuer auf seine Angehörigen. Sohn und Schwiegersohn sterben, Frau und Tochter werden schwer verletzt. Die Frau hatte sich zuvor von dem Mann getrennt, und ihn von der Familienfeier ausgeschlossen.

Diese Tragödie ist ohne Frage ein Extremfall. Doch die aktuelle Statistik zur Partnerschaftsgewalt in Deutschland zeigt: Misshandlungen, schwere Verletzungen und sexuelle Nötigung sind für Tausende alltäglich – zu Hause, in ihrer Beziehung, durch einen Partner. Rund 138 000 Fälle wurden im vergangenen Jahr angezeigt. „Das ist in einem modernen, fortschrittlichen Land wie Deutschland eine fast unvorstellbare Größenordnung“, sagt Frauenministerin Franziska Giffey (SPD), die gestern die Zahlen des Bundeskriminalamts in Berlin vorstellte. In den allermeisten Fällen sind die Opfer der Statistik zufolge Frauen – die exakte Zahl: 113 965. Demnach versucht jeden Tag im Schnitt ein Mann in Deutschland, seine Partnerin oder Ex-Partnerin zu töten. Im vergangenen Jahr starben dabei 147 Frauen.

Im Saarland wurden laut polizeilicher Kriminalstatistik im vergangenen Jahr 2762 Menschen Opfer häuslicher Gewalt. In 2081 Fällen waren es Frauen.

Laut BKA sind die meisten Täter 30 bis 39 Jahre alt. Zwei von drei Verdächtigen hatten einen deutschen Pass. „Sie kommen aus allen sozialen Schichten“, sagt Julia Reinhardt, Vize-Vorsitzende der Bundesarbeitsgemeinschaft Täterarbeit Häusliche Gewalt. Menschen mit schlechten Schulabschlüssen und ohne Job sind genauso darunter wie Hochgebildete, Manager, Professoren. „Es hat mit dem Einkommen nichts zu tun.“ Generell sei jedoch die Gefahr höher, wenn Alkohol, Geldsorgen und psychische Probleme im Spiel seien.

Wie sie mit ihren Partnerinnen umgingen, lernten viele Männer schon von den eigenen Eltern, sagt Reinhardt. Auch in scheinbar gleichberechtigten Partnerschaften herrsche Gewalt, besonders im Zusammenhang mit Trennungen, Scheidungen oder einem neuen Partner. Hilfe erhalten Betroffene deutschlandweit in 350 Frauenhäusern. Im Saarland sind es vier. „Das reicht nicht“, räumt Frauenministerin Giffey ein. 2019 und 2020 sollen deshalb mehr als 40 Millionen Euro fließen, damit Kommunen und Länder ihre Hilfsangebote verbessern können.

Im Saarland erhalten die drei Frauenhäuser der Arbeiterwohlfahrt (Saarbrücken, Neunkirchen und Saarlouis) und das Elisabeth-Zillken-Haus des Sozialdienstes katholischer Frauen einen jährlichen Zuschuss von der Landesregierung. Für dieses Jahr beläuft er sich laut hiesigem Frauenministerium auf 233.000 Euro. Zusätzliche Bundesmittel könne man gut gebrauchen.

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