Berlin Philosoph kritisiert deutsche Flüchtlingspolitik

Berlin · Der französische Philosoph Alain Finkielkraut (69) sieht in der deutschen Flüchtlingspolitik seit 2015 die wesentliche Ursache für gravierende Fehlentwicklungen in Europa.

„Ohne Angela Merkels ‚Wir schaffen das!‘ und die Million Einwanderer, die Deutschland 2015 aufgenommen hat, hätte es keinen Brexit gegeben“, sagte er der „Welt“. Merkels Slogan sei „einfach Unsinn“ gewesen. Die Grenzöffnung habe viele Europäer verunsichert und für einen „pathologischen Populismus“ überall in Europa gesorgt. Europa sei nicht berufen, eine multikulturelle Gesellschaft zu werden, sondern müsse die Europäer vielmehr schützen.

Die Deutschen hätten sich mit dieser Politik von der Nazi-Vergangenheit freikaufen und zu einem moralisch tadellosen Volk werden wollen, so Finkielkraut. Tatsächlich habe es sich aber um eine Mischung aus „extremem Moralismus und wirtschaftlichen Interessen“ gehandelt. Den Preis zahlten überall in Europa die Juden, die zum ersten Opfer eines neuen radikalen Islamismus geworden seien, der sich nach Finkielkrauts Ansicht nicht zuletzt aus einer unregulierten Zuwanderung speist. Auch Frankreichs Antisemitismus wurzele nicht in einer Neuauflage des Faschismus, sondern sei Ausfluss eines islamistischen Extremismus.

Finkielkraut, Mitglied der Gelehrtengesellschaft Academie française, gilt als einer der wichtigsten und umstrittensten Gegenwartsdenker Frankreichs. Am Samstag geriet er in Paris zufällig in einen Demonstrationszug der „Gelbwesten“ und wurde von einzelnen Agitatoren beschimpft und antisemitisch beleidigt.

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