Erschreckender Befund Stiftung Warentest: Jedes vierte Kinder-Produkt ist mangelhaft

Berlin · Vom Laufrad bis zum sprechenden Teddy: Für Kinderausstattung und Spielzeug geben die Deutschen immer mehr Geld aus. Doch der Boom birgt Gefahren.

 Ein Spielzeugteddy ist laut Stiftung Warentest nicht immer so harmlos, wie er aussieht.

Ein Spielzeugteddy ist laut Stiftung Warentest nicht immer so harmlos, wie er aussieht.

Foto: dpa/Christoph Soeder

Digitale Spielzeuge zählen zu den neun Problemfällen im Labor von Stiftung Warentest. Zwei Roboter und ein Teddy mit Sprachnachrichtenempfang fielen durch. „Mit ihnen kann sich jeder Smartphone-Besitzer verbinden und das Kind abhören, ausfragen oder bedrohen“, warnt Stiftungsvorstand Hubertus Primus. Kinderprodukte insgesamt sind nach den Tests besonders unsicher, egal ob Buntstift oder Kindersitz. In den zurückliegenden beiden Jahren fiel gut jedes vierte Produkt durch, viermal so viel wie üblich.

Wo lauern die Gefahren?

Zum Beispiel in Spielschleim, der gerade in vieler Kinder Hände ist. Fünf Packungen bestellte die Stiftung bei Amazon – keine hätte verkauft werden dürfen, sagt Primus. Weil sie zwei bis drei Mal mehr Bor enthielten als erlaubt. Das Halbmetall könne Erbrechen und Krämpfe auslösen. Krebs- und allergieauslösende Stoffe fanden sich in Stiften, Buggys, Kindersitzen, selbst in Erstspielzeug wie Kinderwagenketten, die Babys ganz sicher in den Mund nehmen. Schadstoffe sind das häufigste Problem, aber nicht das einzige. Jeder zweite Kinderhochstuhl fiel durch, weil Kinder unter dem Haltebügel hindurch hinausrutschen können und womöglich mit dem Kopf hängen bleiben. Anschnallgurte an Fahrradsitzen ließen sich kinderleicht öffnen, Baby-Webcams warnten nicht, wenn die Verbindung abbrach.

Betrifft das nur Billigware aus China?

Nicht unbedingt. „Man kann nicht eindeutig sagen: Spielzeug aus Europa ist grundsätzlich besser als das aus Fernost“, sagt Untersuchungsleiter Holger Brackmann. Und immer wieder ergeben Tests, dass das teuerste Produkt nicht immer das beste ist. Flammschutzmittel etwa fanden sich auch im Griff eines Kinderwagens für mehr als 1000 Euro.

Warum schneiden Kinderprodukte so schlecht ab?

Verbraucherschutzministerin Katarina Barley (SPD) vermutet: „Bei Produkten spielt immer der Preis eine Rolle. Es wird immer die Hersteller geben, die sparen an der Sicherheit, um einen niedrigeren Preis anbieten zu können.“ Der Markt ist nach Beobachtung der Stiftung auch sehr umkämpft. Dass die Warentester oft das Etikett „mangelhaft“ vergeben, liegt aus Sicht der Spielwarenindustrie auch an den Prüfkriterien der Stiftung. Sie gingen oft über die gesetzlichen Vorgaben hinaus, an denen sich die Hersteller orientieren.

Was unternimmt die Politik?

Die Stiftung dringt auf strengere Vorgaben. Für alle Kinderprodukte sollten ähnlich hohe Standards gelten, wie sie die EU als Richtlinie für Spielzeug ausgegeben hat. Kontrollen seien allerdings nur in Stichproben möglich, zuständig ohnehin die Länder, betont Barley. „Gerade bei Kinderprodukten haben wir eine so große Zahl an Neuerscheinungen jedes Jahr, das ist flächendeckend überhaupt nicht zu kontrollieren.“

Was kann man jetzt noch kaufen?

Die Stiftung testet nur sehr weniger Produkte. Im Kaufhaus wie im Netz sollten Kunden auf das GS-Zeichen achten, rät Warentest-Vorstand Primus. Es belegt „Geprüfte Sicherheit“, wenn es ein externer Prüfer dem Hersteller bescheinigt – anders als beim CE-Zeichen, mit dem nur der Hersteller selbst erklärt, dass er die Vorschriften einhalte. Wer im Laden einkauft, sollte auch darauf achten, ob ein Produkt stark riecht und ob es sorgfältig verarbeitet ist.

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