Alle gegen Macron, alle gegen Le Pen

Paris · Frankreichs Präsidentschaftskandidaten streiten beim ersten TV-Duell über Moral. Im Fokus stehen die Favoriten.

Frankreich steckt spätestens seit Montag, 21:05 Uhr, mitten im Präsidentschaftswahlkampf. Denn da standen sich die fünf aussichtsreichen Kandidaten zur ersten TV-Debatte gegenüber. Wahlentscheidend war der dreieinhalbstündige Schlagabtausch gut 30 Tage vor der ersten Wahlrunde nicht, doch er zeigte bereits, wo die Linien in den kommenden Wochen verlaufen werden. Hauptgegner waren die beiden Bestplatzierten der ersten Runde, Marine Le Pen und Emmanuel Macron. Die Chefin des Front National trat von Anfang an selbstbewusst auf und sprach mit lauter Stimme, als müsste sie einer Halle voller Anhänger einheizen.

Fast schüchtern stand dagegen Macron, für den es die erste Fernsehdebatte überhaupt war, hinter seinem Stehpult. Erst nach einer Stunde wachte der frühere Wirtschaftsminister auf, dem Umfragen einen deutlichen Sieg in der Stichwahl gegen Le Pen vorhersagen. Es ging um den Burkini, den Ganzkörperbadeanzug, der im Sommer zu einer heftigen Debatte geführt hatte. "Ich weiß, dass Sie den Burkini befürworten, Herr Macron", behauptete da die Europaabgeordnete. "Ich brauche keinen Bauchredner", entgegnete der parteilose Kandidat und warf der Rechtspopulistin vor, die Gesellschaft mit ihrer Rhetorik spalten zu wollen. Die ließ nicht von ihrem sozialliberalen Rivalen ab, der sich in der Wirtschaftspolitik überraschend schwer tat, seine Ideen klar zu umreißen. "Sie sprechen seit sieben Minuten und haben doch nichts gesagt. Das ist die absolute Leere", kritisierte Le Pen.

Doch der 39-Jährige hielt auch hier dagegen und stellte klar: "Im Gegensatz zu Ihnen, Frau Le Pen, will ich nicht mit Putin paktieren. Im Gegensatz zu Ihnen, Frau Le Pen, will ich ein Frankreich in einem starken Europa." Macron bekannte sich erneut zu einer "strukturierten Partnerschaft" mit Deutschland - "auch wenn es Ihnen nicht gefällt, Frau Le Pen." Die FN-Chefin hatte gleich in ihrem Eingangsstatement versichert, dass sie keine "Vize-Kanzlerin" unter Angela Merkel sein wolle.

Mit ihren üblichen EU-feindlichen Parolen überzeugte die 48-Jährige laut zwei nach der Sendung veröffentlichten Umfragen weniger als Macron, den die Mehrheit der Zuschauer auf Platz eins setzte. Dahinter lag François Fillon gleichauf mit Le Pen in der Publikumsgunst. Der konservative Kandidat, der nach der Affäre um eine Scheinbeschäftigung seiner Frau seine Favoritenrolle verloren hatte, trat besonnen auf: "Ich habe Fehler gemacht, aber ich habe Erfahrung." Im internationalen Teil der Sendung kritisierte der 63-Jährige die deutsche Kanzlerin: "Ich bin nicht einverstanden mit Emmanuel Macron, der die Flüchtlingspolitik von Frau Merkel gelobt hat." Am Tag nach der Sendung gab es für Fillon den nächsten Dämpfer: Aus Justizkreisen wurde bekannt, dass die Ermittlungen gegen ihn ausgeweitet wurden. Es gehe um den Verdacht des schweren Betrugs und der Fälschung, berichteten Medien.

Großer Verlierer der Debatte war der sozialistische Kandidat Benoît Hamon. Der Ex-Bildungsminister wirkte neben dem Linkspopulisten Jean-Luc Mélenchon blass, der die Runde mit flotten Sprüchen auflockerte.

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