Kampf gegen Job-Verluste Top-Manager für bedingungslose Grundsicherung

Berlin · Angesichts drohender Job-Verluste durch die Digitalisierung der Arbeitswelt machen sich immer mehr Konzernlenker für ein bedingungsloses Grundeinkommen stark.

 Telekom-Chef Timotheus Höttges

Telekom-Chef Timotheus Höttges

Foto: dpa/Jens Wolf

Unmittelbar vor Beginn der Sondierungsgespräche von Union, Grünen und FDP am morgigen Mittwoch haben Top-Manager großer Unternehmen eine bessere soziale Absicherung der Deutschen gefordert. Nachdem Siemens-Chef Joe Kaeser kürzlich eine „Grundversorgung für das Alter“ gefordert hatte, äußerte sich Telekom-Chef Timotheus Höttges jetzt ähnlich. Die Digitalisierung werde die Unternehmens- und Arbeitswelt enorm verändern. „Deshalb brauchen wir eine Diskussion, wie wir die Sozialsysteme auf diese Herausforderungen einstellen“, sagte Höttges im „Tagesspiegel“. Es müsse jetzt über Instrumente wie „das bedingungslose Grundeinkommen und als Teilvariante davon die Grundversorgung im Alter“ gesprochen werden. Er will dies nach Angaben der Zeitung in eine gesamte Reform der Sozialsysteme einbetten.

Beim bedingungslosen Grundeinkommen wird allen Bürgern ein staatlich finanziertes Einkommen zugesichert – ohne Verpflichtung zur Arbeit oder zu anderen Gegenleistungen. Andere staatliche Zahlungen wie das Arbeitslosengeld oder das Kindergeld entfallen dafür. In Finnland läuft dazu seit Anfang des Jahres ein weltweit bislang einzigartiger Test. 2000 zufällig ausgewählte Arbeitslose erhalten seither anstelle von Arbeitslosengeld 560 Euro im Monat. Das Geld muss nicht versteuert werden und man kann ohne finanzielle Nachteile etwas dazuverdienen.

In Deutschland wirbt Götz Werner, Gründer der Drogeriekette dm, schon länger für ein bedingungsloses Grundeinkommen. Jeder habe das Recht auf ein bescheidenes, aber menschenwürdiges Leben. „Ein bedingungsloses Grundeinkommen würde diesem Artikel unserer Verfassung endlich Gültigkeit verleihen“, sagte er dem „Tagesspiegel“. Zum Thema Vorsorge im Alter meinte er: „Es kann nicht sein, dass eine Rentnerin, die drei Kinder großgezogen hat und dann den Ehemann gepflegt hat, bis er starb, heute nicht von ihrer Rente leben kann. Alters­armut ist grober Undank.“

Die Mehrheit der Deutschen sei für solche Überlegungen, schreibt die Zeitung. Die Jamaika-Koalition in Schleswig-Holstein plant, ein entsprechendes Grundeinkommen zu testen. In einem schwarz-gelb-grünen Bündnis im Bund dürfte die Idee aber kaum durchzusetzen sein. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte sich im Wahlkampf klar dagegen ausgesprochen. Das Thema stehe „nicht auf der Tagesordnung“.

Merkel rechnet unterdessen damit, dass allein die Sondierungsgespräche mit FDP und Grünen „mehrere Wochen“ dauern werden. Es gehe diesmal nicht um ein unverbindliches Kennenlernen, sondern „da wird es wirklich um politische Inhalte gehen“, sagte sie gestern.

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