Brüssel Währungsraum soll wetterfest gemacht werden

Brüssel · Zehn Jahre nach dem Ausbruch der weltweiten Finanzkrise gehen die Euro-Staaten daran, ihren Währungsraum sturmfest zu machen. „Wir haben den Plänen der Finanzminister zugestimmt“, sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel gestern in Brüssel.

Unmittelbar nach dem Ende des EU-Gipfels der 28 Mitgliedstaaten hatten die 19 Staatenlenker des Euro-Raums unter sich getagt. 2019 sollen nun die „Bauarbeiten“ an einer neuen Währungsunion beginnen. Zunächst bekommt die bisherige Notkasse, der Stabilitätsmechanismus ESM in Luxemburg, eine Schlüsselrolle zugewiesen. Zwar verzichten die Mitgliedstaaten darauf, die Institution zu einem echten Europäischen Währungsfonds nach dem Vorbild des IWF auszubauen. „Der neue ESM wird sich aber dennoch um die Schuldentragfähigkeit der Mitgliedstaaten kümmern und bekommt dazu neue Kompetenzen“, sagte die Kanzlerin. Mit anderen Worten: In Luxemburg werden künftig die Etats der Mitglieder überwacht. Wer gegen die Schuldenkriterien (höchstens drei Prozent Neuverschuldung, maximaler Schuldenstand: 60 Prozent der Jahreswirtschaftsleistung) verstößt, muss mit  Eingriffen rechnen.

Hinzu kommt ein eigenes Budget für die Euro-Zone. Mit dem Geld soll, so Merkel, „die Wettbewerbsfähigkeit der Länder gestärkt werden“. Außerdem ist geplant, jenen Euro-Staaten unter die Arme zu greifen, die im Vergleich zu den starken Nationen abgeschlagen zurückliegen – und die vor allem reformbereit sind. Denn dieses Kriterium gilt künftig für alle Hilfeleistungen aus den Gemeinschaftskassen. Geld gibt es nur gegen Reformen. Italien wäre damit derzeit kein Kandidat für Leistungen aus dem künftigen Budget.

Doch noch ist unklar, wie viel Geld die Mitgliedstaaten investieren wollen. Diese Verhandlungen sollen 2019 von den Finanzministern geführt werden – parallel zu denen über einen EU-Etat für die nächste Finanzperiode von 2021 bis 2027. „Hier liegen die Vorstellungen der Nettozahler und derjenigen, die auf Strukturhilfe angewiesen sind, naturgemäß noch weit auseinander“, sagte Merkel. Das ist eine behutsame Umschreibung für die Tatsache, dass außer Deutschland bislang keine EU-Regierung die Bereitschaft hat erkennen lassen, mehr Geld nach Brüssel zu überweisen. Genau dies wird aber nötig sein: Wegen des ­Brexit fehlen der Gemeinschaft zwischen zehn und 14 Milliarden Euro im Jahr, bei gleichzeitig wachsenden Aufgaben etwa in den Bereichen Forschung, Künstliche Intelligenz und vor allem Außengrenzschutz. Denn der muss ausgebaut werden, befand der EU-Gipfel. Doch der Appell war schon verhallt, bevor er ins Schlussdokument dieses Spitzentreffens aufgenommen werden konnte.

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