Mehr Investitionen, mehr Bildung, weniger Migration Wo sich die Parteien jeweils durchgesetzt haben

Berlin · Noch gibt es keinen Koalitionsvertrag. Die Spitzen von Schwarz-Rot haben sich aber auf zahlreiche Projekte verständigt. Ein Überblick.

 Der SPD-Parteivorsitzende Martin Schulz (r) und Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) geben sich am 12.01.2018 im Willy-Brandt-Haus in Berlin nach einer Pressekonferenz die Hand. Links steht der CSU-Vorsitzenden Horst Seehofer (l). Die Spitzen von CDU, CSU und SPD streben eine Neuauflage der großen Koalition an.

Der SPD-Parteivorsitzende Martin Schulz (r) und Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) geben sich am 12.01.2018 im Willy-Brandt-Haus in Berlin nach einer Pressekonferenz die Hand. Links steht der CSU-Vorsitzenden Horst Seehofer (l). Die Spitzen von CDU, CSU und SPD streben eine Neuauflage der großen Koalition an.

Foto: dpa/Maurizio Gambarini

„Möglichst viele rote Inhalte“ wollte die SPD in den Sondierungen mit der Union für eine Neuauflage der großen Koalition durchsetzen. Ob das berühmte Glas aber nun halbvoll oder halbleer ist, darüber lässt trefflich streiten. Wirkliche „Trophäen“, wie in der letzten Wahlperiode etwa den Mindestlohn, haben die Genossen eher nicht bekommen. Ihre vehement geforderte Bürgerversicherung wird es genauso wenig geben wie eine Anhebung des Spitzensteuersatzes. Und auch das Kooperationsverbot zwischen Bund und Ländern im Bildungsbereich verschwindet nicht völlig aus dem Grundgesetz. Grundsätzlich können sich die Bürger aber auf einige Entlastungen freuen. Auch die gesetzliche Rente wird weiter ausgebaut.

So werden laut dem Sondierungsergebnis Erwerbsgeminderte durch eine beschleunigte Anhebung der Zurechnungszeiten künftig besser abgesichert. Außerdem soll es eine Lebensleistungsrente für langjährig Versicherte (35 Versicherungsjahre) geben, die um zehn Prozent über der Grundsicherung am jeweiligen Wohnort liegt. Das setzt aber eine individuelle Bedürftigkeitsprüfung voraus. Schon der letzte Koalitionsvertrag von Union und SPD sah übrigens eine Lebensleistungsrente vor. Sie scheiterte aber am Ende.

Eine weitere Verabredung, die die SPD auf der Habenseite verbucht, ist die Festschreibung eines Rentenniveaus von mindestens 48 Prozent des jeweiligen gesellschaftlichen Durchschnittslohns bis 2025. Nach dem jüngsten Rentenbericht der Regierung wird dies aber ohnehin erwartet. Gegenwärtig liegt das Niveau bei 48,2 Prozent. Nach der ursprünglichen SPD-Forderung sollte das Mindestniveau von 48 Prozent allerdings länger Bestand haben, nämlich bis zum Jahr 2030. Bei der Mütterrente kann die CSU einen Teilerfolg verbuchen. Ältere Mütter, deren Kinder vor 1992 zur Welt kamen, werden mit Müttern von danach geborenen Kindern bei der Rente gleichgestellt. Aber nur dann, wenn sie vor 1992 drei und mehr Kinder geboren haben.

Was die Sozialabgaben anbelangt, so sollen sie laut Beschlusspapier auch künftig nicht mehr als 40 Prozent betragen. Dank üppiger Reserven bei der Bundesagentur für Arbeit soll der Beitrag zur Arbeitslosenversicherung von drei auf 2,7 Prozent sinken. Hier hat sich die Union klar durchgesetzt. Von Sozialbeiträgen entlasten will man darüber hinaus die Geringverdiener. Nach ihrem verlorenen Kampf um die Bürgerversicherung bleibt den Genossen immerhin noch der Trost, dass sie der Union die Rückkehr zur paritätischen Finanzierung des Krankenkassenbeitrags abringen konnten. Das bedeutet, dass sich Arbeitnehmer und Arbeitgeber künftig auch den Zusatzbeitrag teilen. Bislang wird er allein von den Versicherten finanziert. Auch mit ihrem noch in der letzten Wahlperiode vergeblich geforderten Rückkehrrecht von Teil- in Vollzeitarbeit konnte sich die SPD durchsetzen. Der Anspruch soll aber grundsätzlich nur in Betrieben ab 45 Mitarbeitern gelten. Und in Unternehmen bis zu 200 Beschäftigten in eingeschränkter Form. Darauf hatte die Union gedrängt.

Einen weiteren Erfolg kann die Union beim Kindergeld verbuchen. Es wird um 25 Euro erhöht. Und zwar in zwei Schritten zwischen 2019 und 2021. Auch in der Steuerdebatte haben sich CSU und CDU durchgesetzt. Damit ist die Anhebung der Einkommensteuer für sehr hohe Löhne vom Tisch. Zugleich wird der Solidaritätszuschlag schrittweise gesenkt, wobei er für 90 Prozent der Soli-Zahler bis 2021 komplett auf Null sinken soll. Nur die Besser- und Spitzenverdiener würden dann noch Soli zahlen. Darauf hatte die SPD gepocht.

Im Bildungsbereich soll ein Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung im Grundschulalter kommen. Dafür soll das Kooperationsverbot, wonach der Bund keinen Einfluss auf die Finanzierung von Bildungseinrichtungen unter Regie der Länder haben darf, gelockert werden.

Schließlich einigten sich Union und SPD auch in der Flüchtlingsfrage. Von „Obergrenze“ ist zwar keine Rede. Allerdings wird eine Belastungsgrenze „von jährlich 180 000 bis 220 000“ Personen genannt. Eine klare Unions-Handschrift. Das gilt auch beim Familiennachzug von Flüchtlingen mit eingeschränktem Schutzstatus. Maximal 1000 Angehörige pro Monat sollen nachziehen dürfen. Bis zu einer entsprechenden Neuregelung bleibt die Aussetzung des Nachzugs in Kraft. Damit ist der Familiennachzug auch über den Monat März hinaus ausgesetzt. Ursprünglich sollte er dann wieder in Kraft treten. Im Gegenzug hat die SPD ihr Fachkräfte-Zuwanderungs-Gesetz bekommen.

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