Nutztiere gerissen Problem-Wölfe müssen sterben

Hannover/Mainz/Saarbrücken · Weil sie Pferde, Rinder und Schafe rissen, sind zwei Wolfs-Rüden in Niedersachsen und Schleswig-Holstein zum Abschuss freigegeben. In unserer Region gibt es deutlich weniger Tiere als im Norden und Osten.

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Foto: SZ

Lange Zeit waren sie in Deutschland ausgerottet – bis sie in den Jahren nach der Wiedervereinigung zurückkehrten. Inzwischen sind Wölfe vor allem im Norden und Osten des Landes wieder heimisch. Aber auch in unserer Region. Auf dem Truppenübungsplatz Daaden/Stegskopf im Westerwald soll eine Wölfin sogar erstmals einen „festen Wohnsitz“ gefunden haben, wie das rheinland-pfälzische Umweltministerium vermutet. Insgesamt sind bisher in 16 Fällen Wölfe in Rheinland-Pfalz nachgewiesen worden, vor allem im Norden des Landes. Wahrscheinlich gehe es um sechs bis zehn Tiere, teilte das Ministerium mit. Das Saarland ist das einzige Flächen-Bundesland, in dem es noch keinen sicheren Wolfsnachweis gibt.

In Norddeutschland werden die Tiere dagegen langsam zum Problem: Deshalb soll es zwei Wölfen in Niedersachsen und Schleswig-Hol­stein jetzt an den Kragen gehen. Der Leitrüde des Rodewalder Rudels im niedersächsischen Landkreis Nienburg hat zahlreiche Nutztiere getötet, darunter sogar Pferde und Rinder, die Wogen schlagen hoch. Das Umweltministerium hat jetzt eine Ausnahmegenehmigung für einen Abschuss von GW717m erwirkt. In Schleswig-Holstein soll Rüde GW924m getötet werden. Die etwas sperrigen Namen folgen einer Systematik: „GW“ steht für Grauwolf. Danach kommt die Codenummer des Senckenberg-Institutes, im Falles des Rodewalder Rüden ist es 717, beim Schleswig-Holsteiner 924. Das „m“ am Ende zeigt, dass es sich um ein männliches Tier handelt.

Eigentlich sind Wölfe in Deutschland streng geschützt. Außer dem Bundesnaturschutzgesetz ist das auch in EU-Vorgaben geregelt. Die Tiere dürfen in Deutschland nicht gejagt werden. Eine Abschussgenehmigung kann aber im Ausnahmefall nach Paragraf 45 des Bundesnaturschutzgesetzes erteilt werden. Bestimmte Tiere dürfen dann getötet werden, wenn von ihnen eine Gefahr für den Menschen ausgeht oder erheblicher wirtschaftlicher Schaden durch sie zu erwarten ist.

Bundesweit steigt die Zahl der Risse immer weiter an. Im Jahr 2017 gab es nach Auskunft der Dokumentationsstelle des Bundes (DBBW) 472 Fälle – knapp 66 Prozent mehr als noch 2016. Die Zahl der getöteten, verletzten oder vermissten Tiere – meist Schafe – beziffert die Dokumentationsstelle auf 1667. Bundesagrarministerin Julia Klöckner (CDU) forderte zuletzt zuletzt in der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ eine „gemäßigte Bestandsregulierung, die es rechtssicher ermöglicht, einzelne Wölfe eines Rudels zu entnehmen“. Nach Angaben der Ministerin verdoppelt sich die Zahl der Wölfe alle drei bis vier Jahre: „Den Schaden hat der Landwirt, auch seine Belange sind zu schützen. Darüber hinaus geht es auch um den Schutz der Menschen.“

In Niedersachsen stützt sich die Ausnahmegenehmigung für den Abschuss auf den Tod von mehreren Rindern, die ausreichend geschützt waren. Das Umweltministerium hat GW717m nach eigenen Angaben mehr als 40 Risse von Nutztieren nachgewiesen. Einen Eilantrag von Wolfsschützern hat das Verwaltungsgericht Oldenburg abgelehnt. Alternativen zur Tötung seien nicht erkennbar. Die Genehmigung in Schleswig-Holstein hat das dem Umweltministerium in Kiel zugeordnete Landesamt für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume Ende Januar erteilt. Der aus Dänemark nach Schleswig-Holstein gekommene Rüde ist für mehrere Schafsrisse hinter vermeintlich wolfssicheren Zäunen im Kreis Pinneberg verantwortlich.

Seit der Rückkehr von Canis lupus nach der Wiedervereinigung wurden in Deutschland bereits zwei Wölfe legal getötet. Der bundesweit erste war der im Internet Kurti genannte MT6. Er wurde im April 2016 in der Lüneburger Heide geschossen. Dieses Schicksal ereilte im Februar vergangenen Jahres auch einen Wolf in Sachsen.

Wie lange es dauert, bis die beiden Tiere im Norden geschossen werden, darüber kann niemand verlässliche Angaben machen. Die Rüden müssen in Schussweite kommen und identifiziert werden.

Im relativ wolfsarmen Südwesten arbeiten Rheinland-Pfalz und das Saarland bei dem Thema mit Baden-Württemberg und Hessen zusammen. Im Mittelpunkt der Kooperation stehen der Informationsaustausch etwa über Wolfssichtungen oder über das Verhalten einzelner Tiere sowie Aktivitäten zum Schutz von Nutztieren und Menschen. In Mainz hat man inzwischen die Kreise Altenkirchen, Westerwald, Neuwied sowie die Stadt Koblenz vorsorglich als Präventionsgebiet ausgewiesen. Dadurch können dort Halter von Nutztieren leichter entschädigt werden, wenn ein Wolf Schäden verursacht. Es wird beispielsweise ein Großteil der Kosten für wolfssichere Zäune gefördert. Die Mainzer Landesregierung will so die Akzeptanz des Wolfes steigern.

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