Nach Untergang der Grande America Zweite Ölkatastrophe bedroht französische Atlantikstrände

Brest · Nach dem Schiffsunglück in der Biskaya herrscht noch immer Rätselraten über die Ladung des Frachters.

 Die Grande America steht in Flammen im Golf von Biskaya. Noch ist unklar, was der mittlerweile gesunkene Frachter alles geladen hatte.

Die Grande America steht in Flammen im Golf von Biskaya. Noch ist unklar, was der mittlerweile gesunkene Frachter alles geladen hatte.

Foto: dpa/Loic Bernardin

Die Westküste von Frankreich ist durch eine Ölkatastrophe bedroht. In der Biskaya treiben nach dem Untergang des Containerschiffes Grande America zwei mehrere Kilometer lange Ölteppiche auf die bei Touristen beliebten Strände rund um Biarritz und Bordeaux zu. Die erste verunreinigte Zone ist offiziellen Angaben nach etwa 13 Kilometer lang und sieben Kilometer breit. Der zweite Teppich sei rund neun Kilometer lang, ebenfalls sieben Kilometer breit und weniger kompakt als der erste. Das Öl stammt demnach aus den Treibstofftanks des Frachters.

Das aus dem Frachter ausgelaufene Schweröl soll nun mit Spezialschiffen abgepumpt werden. Schlechte Witterungsbedingungen und raue See erschwerten allerdings den Kampf gegen die Verschmutzung, berichtete die zuständige französische Präfektur. Zudem könnten schwimmende Absperrungen zum Einsatz kommen, die Schmutz von der französischen Küste fernhalten sollen. Das Schiff hatte rund 2200 Tonnen Schweröl, über 2000 gebrauchte Autos und auch mehrere Container Gefahrgut an Bord. Genaue Angaben, um was es sich dabei handelt, gibt es bisher allerdings nicht.

Auch kann noch nicht eingeschätzt werden, wo das Öl angespült werden könnte, heißt es von der Präfektur. Umweltminister François de Rugy nannte als gefährdete Regionen das Département Charente-Maritime mit der Hafenstadt La Rochelle und das Département Gironde, in dessen Mitte Bordeaux liegt. Er schloss nicht aus, dass das Öl auch an die spanische Biskaya-Küste gelangen könnte. Die Ölteppiche trieben mit einer Geschwindigkeit von rund 30 Kilometern pro Tag in Richtung Osten, hatte Stéphane Doll, Leiter der auf Wasserverschmutzung spezialisierten Einrichtung Cedre, gesagt. Diese Einschätzung sei weiterhin gültig, hieß es am Freitag bei der Meerespräfektur.

Der unter italienischer Flagge fahrende Frachter Grande America war am Dienstag nach einem tagelangen Brand untergegangen. Alle 27 Besatzungsmitglieder konnten gerettet werden. Das Wrack liegt in rund 4500 Metern Tiefe auf dem Grund des Meeres. Das Ziel des Schiffes, das am 8. März in Hamburg ausgelaufen war, hieß Casablanca.

Der Umweltorganisation Robin Wood bereitet Sorgen, dass nun viele Giftstoffe mit dem Schiff untergegangen sind. Allein die vielen Hundert Autos seien eine ökologische Zeitbombe. „Man kann davon ausgehen, dass sich in jedem Fahrzeug zwanzig Liter Benzin und Öl befinden“, erkläre Jacky Bonnemain, Sprecher der Gruppe. Das sei eine „toxische Masse in einem Gebiet, das sehr reich an Fischen, Plankton und Meeressäugern ist“.

Völlig unverständlich für Robin Wood ist, dass noch nicht bekannt ist, um welche Stoffe es sich bei dem Gefahrgut handelt. Von der zuständigen Präfektur ist nur zu erfahren, dass 45 der 365 Container an Bord damit beladen seien. „Man weiß aber, dass sehr viele Pestizide nach Westafrika verschifft werden“, sagt Jacky Bonnemain. Man habe die Reederei angefragt, aber noch keine Antwort erhalten.

Der Unfall sei nach den Worten des Umweltministers nicht mit der Havarie der Erika zu vergleichen. Vor 20 Jahren liefen an der bretonischen Küste nach dem Unfall des Schiffes rund 17 000 Tonnen Öl ins Meer. Die Folge war eine verheerende Ölpest an den Stränden.

Unterdessen begann in Frankreich eine Debatte über die Konsequenzen aus der Schiffskatastrophe vor der Atlantikküste. Umweltminister de Rugy forderte, dass die Verantwortlichkeiten in dem Fall klar festgestellt werden müssten. Er hatte bereits vorher angekündigt, dass die Grimaldi-Reederei aus Neapel als Eigentümerin des Unglücks-Frachters für den Säuberungseinsatz zur Kasse gebeten werde. Der Ressortchef brachte nun auch eine mögliche Verschärfung von Kontrollen in den Häfen ins Spiel.

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