Neue Idee aus Straßburg „Flusswal“ sammelt Plastikmüll im Straßburger Hafenbecken

Straßburg · Das Startup-Unternehmen H2OPE hat ein stationäres Gerät entwickelt, das ohne Strom und Motor Abfall aus fließenden Gewässern fischt.

 Diesen Müll sammelte der „Flusswal“ allein am Freitagvormittag am Fuß des Musikkonservatoriums.

Diesen Müll sammelte der „Flusswal“ allein am Freitagvormittag am Fuß des Musikkonservatoriums.

Foto: Jürgen Lorey

Das Teil sieht aus wie eine auf dem Wasser gelandete Drohne mit zwei zu einem V ausgebreiteten Armen. Was derzeit so futuristisch am Fuß des Straßburger Musikkonservatoriums am Rande des Austerlitz-Wasserbeckens liegt, nennt sich „Flusswal“. Das Gerät, bei dem es sich um einen Prototyp handelt, befindet sich seit Ende Januar im Test, um an einer neuralgischen Stelle Plastikmüll und andere Abfälle aus der Gewässerströmung zu fischen.

Entwickelt hat es das Straßburger Start-up-Unternehmen „H2OPE“ (ein Wortspiel aus der chemischen Formel H2O für Wasser und dem englischen Wort „Hope“ für Hoffnung). Seit August 2017 arbeiten die drei Firmengründer David Bourcart, Sébastien Maréchal und Brice Pasquier an der Idee für eine Art Roboter ohne Strom und Motor, der Flüsse und andere fließende Gewässer vom Plastikmüll reinigt. Anstoß für die drei waren Studien und Berichte über die zunehmende Verschmutzung der Weltmeere durch Plastikmüll, sagt Maréchal. Laut einer Studie der Wissenschaftszeitschrift „Science“ gelangen jährlich rund acht Millionen Tonnen Plastikmüll in die Ozeane, 80 Prozent davon werden durch die Flüsse dorthin geschwemmt. Allein in Frankreich transportieren die Gewässer täglich 47 000 Tonnen Plastikmüll ins Meer.

Die drei Jungunternehmer fanden außerdem heraus, dass es für die Reinigung von fließenden Gewässern in Frankreich keine Gesetzesregelung gibt und dass je nach Region und Standort unterschiedliche Stellen (Region, Kommune, Hafenverwaltung) zuständig sind. „Wir wollten daher eine einfache Möglichkeit entwickeln, den Plastikmüll bereits weit flussaufwärts aus dem Wasser zu fischen, ehe er in die Ozeane gelangt. Je weiter oberhalb das passiert, desto geringer ist das Risiko von Mikroplastik“, sagt Maréchal.

Das Prinzip des „Flusswals“, wie ihn die drei Jungunternehmer genannt haben, ist recht einfach: Er verfügt über zwei Arme, die je nach Gewässergröße von zwei Metern Spannweite auf fünfeinhalb Metern auseinandergeklappt werden können. An den Armen befinden sich kurze und lange Zinken. Der „Flusswal“ kann an der Wasseroberfläche treibenden Plastikmüll und andere Abfälle sowie untergegangen Teile auffangen. Danach soll der gesammelte Müll getrennt und recycelt werden.

Die am 31. Januar gestartete Testphase, für die Straßburg und der Rheinhafen den Standort am Musikkonservatorium zur Verfügung stellten, hat nach Angaben der Jungunternehmer bereits jetzt alle Erwartungen übertroffen. „In neun Tagen sammelten wir über 31 Kilogramm Plastikmüll, wir hatten mit lediglich zehn Kilogramm in einer Woche gerechnet“, sagt Maréchal. Im Sommer, wenn das Austerlitz-Becken rund um das Einkaufszentrum Rivetoile und der Mediathek André Malraux deutlich stärker mit Menschen bevölkert sei, sei mit deutlich mehr „Plastikmüllernte“ zu rechnen.

Weil der Schutz der Gewässer und die Müllsammlung eine immer größere Herausforderung für Gebietskörperschaften darstelle, habe sich die Eurometropole Straßburg entschlossen, den Probelauf des „Flusswals“ zu unterstützen, betonte Catherine Trautmann, als Vizepräsidentin der Eurometropole zuständig für Wirtschaftsentwicklung und die Koordination nachhaltiger Entwicklung.

Nach der jetzigen ersten Testphase am Musikkonservatorium ist im März eine zweiter Versuch auf dem Lauf der Ill außerhalb Straßburgs geplant. H2OPE will danach schnell in die industrielle Fertigung einsteigen und hat dafür bereits ein Unternehmen in Besançon im französischen Jura gewonnen. Vorstellbar wäre laut Brice Pasquier, dass das Jungunternehmen 50 „Flusswale“ an neuralgischen Stellen installiert, etwa im Rheinhafen oder vor Schulen.

Die Jungunternehmer denken bereits an eine Weiterentwicklung ihres „Flusswals“. Es wäre möglich, das Gerät mit Filtern oder auch wasserdichten Kameras auszustatten, um Mikroplastik, Algen, Bakterien oder Kohlenwasserstoffe aus dem Wasser zu filtern oder die Fauna und Tierwelt wissenschaftlich zu untersuchen.

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