Ehrgeizige Ziele bis 2050 Großraum Straßburg setzt komplett auf erneuerbare Energien

Straßburg · Das Ziel ist äußerst ehrgeizig: Bis zum Jahr 2050 will der Straßburger Ballungsraum Eurometropole seinen Energiebedarf komplett aus erneuerbaren Energien decken und so Energie-autark werden. Derzeit nutzt die Eurometropole mit ihren 33 Kommunen 16 Prozent erneuerbare Energien, bis 2021 sollen es 21 Prozent werden, 2030 mehr als 30 Prozent.

 Die Firma Algae Natural Food nutzt Abwärme der benachbarten Mälzerei, um Mikro-Blaualgen zu züchten. Der Präsident der Eurometropole, Robert Herrmann (l.), ließ sich von Francis Kurz (r.), die Strategie erklären.

Die Firma Algae Natural Food nutzt Abwärme der benachbarten Mälzerei, um Mikro-Blaualgen zu züchten. Der Präsident der Eurometropole, Robert Herrmann (l.), ließ sich von Francis Kurz (r.), die Strategie erklären.

Gleichzeitig soll der Energieverbrauch bis 2020 um 30 Prozent sinken, der Ausstoß von klimaschädlichen Treibhausgasen bis 2050 um 70 Prozent.

Mit diesen Vorhaben verfolgt der Straßburger Ballungsraum nach Angaben von Alain Jund, grüner Vize-Präsident der Eurometropole und verantwortlich für die Energiewende, drei Ziele: die Nach-Erdöl-Ära sowie die Ära nach der Schließung des Atomkraftwerks Fessenheim vorzubereiten und auf lokaler Ebene das Pariser Klimaschutzabkommen von 2015 umzusetzen.

Auf erneuerbare Energien zu setzen hat nach Junds Überzeugung einen weiteren geostrategischen Vorteil: „Wir machen uns unabhängiger von Gas- und Öllieferungen aus nicht demokratischen und teilweise instabilen Staaten.“

Um das 2050er-Ziel zu erreichen, stützt sich die Eurometropole laut Jund auf eine große Bandbreite bereits vorhandener natürlicher Ressourcen oder will sie in naher Zukunft weiter ausbauen. Neben Wasserkraft und Mini-Windrädern auf Gebäudedächern sind das:

• Biogas: In der Kläranlage im Stadtteil Wantzenau werden die Abwässer dazu genutzt, Fernwärme zu erzeugen, mit der 5000 Wohnungen beheizt werden.

• Biomasse: Aus Holzresten, die maximal aus 50 Kilometer Umkreis kommen dürfen, entsteht in Kraftwerken in Straßburg, Ostwald und Lingolsheim Fernwärme oder Gas.

• Erdwärme, die aus Grundwasser gewonnen wird (Wärmepumpen), das im Großraum Straßburg bereits in fünf Metern Tiefe vorhanden ist.

• Tiefen-Geothermie: Die französische Firma Fonroche Géothermie will an drei Standorten (Reichstett im Norden sowie Eckbolsheim und Hurtigheim im Westen) Heizkraftwerke bauen, um heißes Wasser aus mehreren Tausend Metern Tiefe für die Erzeugung von Fernwärme, Strom und Abwärme zum Betreiben von Gewächshäusern zu nutzen.

• Photovoltaik: Die Eurometropole ließ ein „Solardach-Kataster“ erstellen, damit sich Privatleute und Firmen informieren können, ob ihr Dach für eine Solaranlage geeignet ist. Außerdem will die Eurometropole die Gründung von Bürger-Energiegenossenschaften fördern.

• Biogas aus Bioabfall: 2019 soll eine solche Anlage in Oberschaeffolhseim westlich von Straßburg in Betrieb gehen, die jährlich 25 000 Tonnen Grünabfall und Reste aus der Nahrungsmittelproduktion zu Methangas umwandeln kann.

• Abwärme aus der Industrie: Im südlichen Teil des Straßburger Rheinhafens plant das Biotechnologie-Start-up Algae Natural Food die Abwärme und Abwässer der benachbarten Mälzerei Cargill zu nutzen, um im großen Stil eine Produktion von Spirulina aufzubauen, einer Mikro-Blaualge mit einem hohen Protein-Anteil, die in der Kosmetik und als Nahrungsergänzungsmittel verwendet wird.

Außerdem setzt die Eurometropole auf die Isolierung von Wohnungen und Gebäuden sowie den Bau von Passiv-Häusern. Bis 2025 sollen beispielsweise alle 65 000 Sozialwohnungen im Großraum Straßburg isoliert sein, derzeit sind es 2100.

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