Wassertürme Industriearchitektur mit Retro-Schick

Der Heusweiler Fotograf Andreas Engel dokumentiert das Erscheinungsbild von Wassertürmen im Saarland und in Lothringen.

Das Bemerkenswerteste, was man bisher aus einem nicht mehr benötigten Wasserturm gemacht hat, ist ein Kino, besser gesagt, drei Kinos. Findigen Architekten ist es in Neunkirchen vor 20 Jahren gelungen, den früheren Wasserturm der Hütte mit drei übereinander angeordneten Kinosälen auszustatten.

Bis vor rund 15 Jahren war auch der 1972 errichtete Wasserturm in Holz (Gemeinde Heusweiler) eine Attraktion. Hoch oben in etwa 60 Metern Höhe, auf dem kreisrunden Wasserbehälter, lockte ein Restaurant mit atemberaubender Weitsicht über den Saarkohlewald die Gäste. Neue Brandschutzauflagen und unzureichende Rettungswege führten dazu, dass das Restaurant nicht mehr genutzt werden kann.

„Wasserturm“ ist im Grunde genommen die Bezeichnung für ein technisches Bauwerk, das einen Hochbehälter zur Speicherung von Trinkwasser oder Brauchwasser besitzt. Mit dem Hochbehälter wird auch für einen ausreichenden und gleichmäßigen Druck im angeschlossenen Leitungsnetz gesorgt. Soweit die technische Beschreibung.

So monofunktional Wasserhochbehälter oder Wassertürme sein mögen, so vielfältig ist ihre bauliche Ausgestaltung. Sie reicht von nüchtern-pragmatisch bis hin zu Bauwerken, die mit Ornamenten verziert immer auch den jeweiligen Zeitgeschmack spiegeln; von schlichtem grauen Beton bis zu kunstvollem Backsteinmauerwerk mit Simsen und Vorsprüngen reicht die Palette.

Die industriellen Bauwerke faszinieren durch ihre einsame Herausgehobenheit aus Landschaft oder Ortsbebauung. Stumm beobachten die Türme das Leben der Menschen, das Auf und Ab, das Schnell und Langsam der Abläufe des profanen Lebens unter ihnen. Das ist besonders gut in Lothringen zu beobachten, wo die Wassertürme zu Land- und Wegmarken geworden sind, zu Orientierungshilfen. Wie Pilze recken sie sich aus der weiten, leicht hügeligen Landschaft. Wer sich mit den verlassen, ja einsam wirkenden Riesen beschäftigt, entdeckt plötzlich eine Stille und Ruhe.

Anderes Beispiel Saargemünd: In der Stadt befinden sich gleich drei Wassertürme. Stumm scheinen sie über die Menschen zu wachen, die sich unter ihnen betriebsam tummeln. Aus allen Himmelsrichtungen sieht man die Türme schon von Ferne – sie ragen aus der Stadt heraus.

Etwas ganz Besonderes ist das als „Chateau d’Eau“ (Wasserschloss) bekannte Bauwerk auf der Göttelborner Höhe. Ohne direkte Nachbarschaft krönt das Wasserschloss die Anhöhe. Die Anlage wird vom Energiekonzern Energis betrieben und wurde vor wenigen Monaten renoviert. Das „Chateau d’Eau“ versorgt Teile der Gemeinde Heusweiler. Der Hochbehälter, erbaut in den Jahren 1911 bis 1913, steht unter Denkmalschutz und gehört zu den wenigen technischen Denkmälern im Saarland, die noch in Betrieb sind. Mit seinem Fassungsvermögen von insgesamt 1500 Kubikmetern zählt das „Wasserschloss“ zu den eher kleineren Anlagen.

Heute werden Wassertürme nur noch ganz selten gebaut – Bau- und Unterhaltkosten sind zu hoch. Die Alternativen befinden sich unter der Erde. Die Speicherfunktion von Wassertürmen wird mehr und mehr durch erdnahe oder unterirdische Speicher ersetzt. Mit Pumpen im Wasserverteilungssystem kann der erforderliche Druck erzeugt werden, allerdings mit einem etwas höheren technischen Aufwand.

Im Saarland gibt es insgesamt 236 Hochbehälter, einschließlich der Wassertürme, mit einem Speichervolumen von zusammen rund 310 000 Kubikmetern.

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