Großes Treffen der Fahrenden Mit 6000 Wohnwagen zum Bibel-Treff

Grostenquin · Bis zu 30 000 Reisende werden am Wochenende in Lothringen erwartet – zum großen Ärger der Lokalpolitiker.

Es soll das letzte Mal werden, das hat der französische Premier Minister Edouard Philippe hoch und heilig versprochen. Das letzte Mal, dass sich zwischen 20 000 und 30 000 Reisende, die zu den Roma, den Jenischen, den Kale und weiteren Gruppen zählen, mit rund 6000 Wohnwagen im lothringischen Grostenquin zu einem religiösen Treffen versammeln. Zum dritten Mal findet ab Sonntag die Zusammenkunft des evangelischen Missionswerks „Vie et lumière“ (deutsch: Leben und Licht) auf dem 120 Hektar großen Gelände knapp 50 Kilometer von Saarbrücken entfernt statt. Vom nächsten Jahr an werden die Fahrenden, die man in Frankreich meist „tsigane“ nennt, auf eine andere Fläche ausweichen müssen, teilte vor ein paar Wochen die Regierung in Paris mit. Darüber hinaus stellte die Präfektur in Metz klar, dass das Gelände auch nicht an das Missionswerk verkauft werden wird, wie von manchen Lokalpolitikern offenbar befürchtet worden war.

Beruhigen lassen sich die Bürgermeister der betroffenen Gemeinden und die Landwirte der Region dadurch dennoch nicht. Bis zum letzten Moment hatten sie versucht, die einwöchige Veranstaltung noch zu verhindern. Denn den vorigen Besuch der Fahrenden aus ganz Frankreich und einigen Nachbarländern haben sie nicht in allzu guter Erinnerung. 2015 beklagten sie nach deren Aufenthalt viel wilden Müll in der Umgebung. Außerdem würden die Wohnwagen den kompletten Verkehr in der Umgebung zum Erliegen bringen. Denn erst seit gestern dürfen sie offiziell das Gelände in Grostenquin ansteuern. Doch die meisten legen tausende Kilometer zurück, um zu dem großen religiösen Treffen zu kommen und reisen bereits zwei bis drei Wochen vor dem eigentlichen Ereignis an. Bis sie auf dem vom Staat zur Verfügung gestellten Militärflugplatz campieren können, würden sich die Familien einfach auf Feldern und privaten Flächen niederlassen, kritisiert der Gemeindeverband St. Avold.

In der unmittelbaren Umgebung des Platzes in Grostenquin befindet sich außerdem ein Naturschutzgebiet im Rahmen des EU-Projektes „Natura 2000“. 2015 sei es in diesem geschützten Umweltbereich zu Beschädigungen gekommen, berichteten Vertreter der Anrainer-Gemeinde Morhange. Den ganzen Sommer über machten die Lokalpolitiker, Landwirte und Anwohner gegen das religiöse Treffen mobil – jedoch ohne Erfolg. Um den reibungslosen Ablauf der Veranstaltung zu gewährleisten, schickt der Staat nun 300 Gendarmen nach Grostenquin. Der Präfektur zufolge übernimmt auch der Staat zunächst die Entschädigung – falls das nötig werden sollte.

Seitens der Veranstalter hält man die Befürchtungen für übertrieben. Zwar blieb vor zwei Jahren etwas Müll liegen und es gab kleinere Vorfälle wie ein umgeknicktes Hinweisschild. Das sei aber nicht anders als in jeder Stadt mit 30 000 Einwohnern. Jedes Jahr organisiert „Vie et lumière“ große Treffen in Frankreich. Täglich gibt es mehrere Gottesdienste, Bibel-Lesungen, Gesprächskreise zu religiösen Themen. Es werden zudem Kinder wie Erwachsene getauft. Außerdem ist es laut Veranstalter eine Möglichkeit, Freunde und Verwandten wiederzusehen. Die Teilnehmer bereisen sonst in ihren Wohnwagen das ganze Jahr über das Land.

Obwohl Protestanten in Frankreich lediglich eine Randgruppe sind, sind sie unter in Frankreich lebenden Fahrenden überdurchschnittlich vertreten. Das evangelische Missionswerk „Vie et lumière“, das Ende der 1950er Jahre gegründet worden war, zählt nach eigenen Angaben aktuell um die 110 000 Anhänger.

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