Parlamentswahl in Luxemburg Neuauflage von Gambia deutet sich an

Luxemburg · Einen Tag nach der Parlamentswahl finden in Luxemburg die ersten Sondierungsgespräche statt.

Solange wie die Deutschen nach der Bundestagswahl werden die Luxemburger wahrscheinlich nicht auf ihre neue Regierung warten müssen. Bereits in der Wahlnacht gab es ein erstes kurzes Treffen zwischen den Spitzen der bisher regierenden Koalitionsparteien: Liberalen (DP), Sozialdemokraten (LSAP) und Grünen. Zusammen halten sie 31 der 60 Sitze im luxemburgischen Parlament. Somit ist eine Fortsetzung dieser Koalition möglich. In den vergangenen Wochen hatten sich die regierenden Parteien auch dafür ausgesprochen. Rein rechnerisch kämen ebenso eine Koalition aus den Konservativen der CSV und der DP als auch ein Bündnis von CSV und LSAP in Frage. Diese Optionen wären aber aus Wählersicht eher schwer zu vermitteln, denn alle diese Parteien haben Stimmen eingebüßt. Am wahrscheinlichsten bleibt deshalb eine Fortsetzung der Gambia-Koalition. Die ist benannt nach den Flaggenfraben des westafrikanischen Kleinstaats Rot (LSAP), Blau (DP) und Grün.

Dass es trotz gegensätzlicher Umfragen in den vergangenen Monaten zu dieser Ausgangslage gekommen ist, ist vor allem auf das gute Ergebnis der Grünen zurückzuführen, die drei Mandate dazugewonnen haben. „Sie haben mit der Mobilität und der Wohnungsproblematik auf die Themen gesetzt, welche die Menschen in Luxemburg wirklich beschäftigen“, meint der Politikwissenschaftler Mario Hirsch. „Das ist da, wo der Schuh drückt.“ Vor 2013 hatten die Konservativen viele Jahre diese Ressorts inne und da sei zu wenig passiert. „Von 2013 bis heute hat die Regierung Bettel vieles in diesen Schlüsselbereichen angestoßen“, so Hirsch zur SZ. Somit gehen die Grünen mit einer verstärkten Verhandlungsposition in mögliche Sondierungsgespräche.

Mit 21 von 60 Sitzen bleiben die Konservativen allerdings nach wie vor stärkste Kraft im Parlament. „Dennoch hat die CSV ihr Ziel verfehlt, die regierende Koalition zu verdrängen.“ Die heutige Ausgangslage erinnert an die vor fünf Jahren. Damals wurde sie als große Überraschung und ein Sonderfall in der politischen Geschichte des Großherzogtums bewertet. Dass sich diese Situation wiederholt, deutet darauf hin, dass sich die luxemburgische Politlandschaft nachhaltig geändert hat. „Die Wähler haben der hegemonialen Stellung einer einzigen Partei eine Absage erteilt. Sie wollen, dass mehr Parteien an der politischen Gestaltung im Land beteiligt sind“, sagt Hirsch. Das zeige der Einzug der Piratenpartei ins Parlament, die niemand auf dem Zettel gehabt habe und doch gleich mit zwei Abgeordneten vertreten ist.

Den konkreten Startschuss für die Aufnahme von Verhandlungen zwischen den Parteien soll nun der Großherzog geben. Bereits am Tag nach der Wahl empfing er gestern alle Parteivorsitzenden zu persönlichen Gesprächen zum Wahlausgang. Als Staatsoberhaupt ist ihm laut Verfassung die Exekutive zugeteilt. In der Praxis wird diese aber von der Regierung ausgeführt. Unmittelbar nachdem die Vertreter der Parteien bei ihm vorstellig wurden, kann der Großherzog einen sogenannten „Formateur“ ernennen. Diesem obliegt dann die Aufgabe, eine Regierung zu bilden. Dafür führt der Formateur Gespräche mit den anderen Parteien, entweder um mit ihnen eine mögliche Koalition zu schmieden oder ihnen eine begründete Absage zu erteilen.

Kann sich der Großherzog nicht sofort für einen Regierungsbilder entscheiden, benennt er einen sogenannten „Informateur“, der in Richtung aller rechnerisch mögliche Koalitionen sondiert. Für diese Variante entschied sich gestern Abend der Staatsoberhaupt und ernannte die Generalstaatsanwältin Martine Solovieff als „Informatrice“. Sie wird in den nächsten Tagen alle Parteien konsultieren und dann dem Großherzog einen Vorschlag unterbreiten, wer als „Formateur“ geeignet ist.

Wird Bettel als Formateur ernannt und bringt er eine Neuauflage der Gambia-Koalition zustande, wird er auch Premierminister bleiben. Für Hirsch eine logische Konsequenz, denn Bettel konnte sich in seinem Wahlbezirk im direkten Duell der Spitzenkandidaten gegen den Konservativen Claude Wiseler mit 3000 Stimmen Vorsprung behaupten.

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