Siebenpfeiffer-Festbankett Warnung an der Wiege der Pressefreiheit

Zweibrücken · Beim Siebenpfeiffer-Festbankett rät Journalismus-Professor Tanjev Schultz Bürgern zu Wachsamkeit.

Vor 187 Jahren fand im Zweibrücker Stadtteil Bubenhausen zu Ehren des Landtagsabgeordneten Friedrich Schüler ein Festbankett statt. Das Essen diente vor allem der Tarnung, um das eingeschränkte Versammlungsrecht zu umgehen. Mehr als 350 Personen kamen damals auf Initiative unter anderem von Philipp Jakob Siebenpfeiffer zusammen, um für eine freie Presse zu kämpfen. Dieses Treffen wurde zur Geburtsstunde des „Preß- und Vaterlandsvereins“, dessen Ziel es war, liberale Zeitungen und verfolgte Journalisten zu unterstützen und für Demokratie einzutreten. Seitdem gilt Zweibrücken als eine „Wiege der Pressefreiheit“, und die Siebenpfeiffer-Stiftung erinnert jedes Jahr mit einem Festbankett daran, im Wechsel in Homburg oder Zweibrücken. An diesem Sonntag war der Zulauf im Zweibrücker Landschloss Fasanerie groß: Über 200 Interessierte wollten den Vortrag von Professor Tanjev Schultz hören.

In den 187 Jahren ist viel passiert – und doch steht die Presse nach wie vor vor großen Herausforderungen, und auch die Presse ist längst nicht überall so frei, wie man von der heutigen Zeit erwarten dürfte oder müsste, so die Quintessenz der Redebeiträge. Der neue Zweibrücker Oberbürgermeister Marold Wosnitza (SPD) sagte: „Eine unabhängige Presse ist so wichtig wie nie zuvor“ – das gelte in Zeiten von via Social Media verbreiteten Fake News besonders. Der saarpfälzische Landrat Theophil Gallo (SPD) schloss sich dem an und warnte vor Manipulationen (auch rassistischer Art) zum Erlangen von Macht. Immer wieder fiel der Name Donald Trump.

Der US-Präsident bildete dann auch den Einstieg zum Thema: „Das Presse-Paradoxon – Über die Freiheit der Medien und das Vertrauen in die Demokratie“ des Gastredners Tanjev Schultz, Journalismus-Professor an der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz. „Ist es möglich, heute eine Rede zu halten, ohne Trump mal zu erwähnen?“, stellte Schultz die Frage in den Raum. „Wenn ein amerikanischer Präsident Journalisten als Feinde des Volkes beschimpft, sollte die Zeit des Dösens wirklich vorbei sein. Vielleicht kennen Sie den alten Spruch: Wer in der Demokratie schläft, der wacht in der Diktatur auf!“ Zum Glück wachten manche mittlerweile auf, doch gebe es immer noch zu viele, die bei Angriffen auf die Presse applaudieren.

Der Professor sieht Journalisten vor einer neuen Herausforderung, nämlich der, dass paradoxerweise ausgerechnet Journalisten die Aufgabe haben, Ruhe in die öffentliche Kommunikation zu bringen. Ein Berufsfeld, in dem es immer mehr um Schnelligkeit gehe. Dabei sollten Journalisten aber Ruhe, Gelassenheit, Beharrlichkeit und langen Atem beweisen. Innehalten um der Sache willen, mit der Erfordernis, sich spritziger Zuspitzung zu verweigern und Komplexität auszuweiten, statt zu reduzieren, riet Schultz. Nachdenken und zum Nachdenken bringen, dies sei die Aufgabe des Journalismus.

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