Explosionen in der Nacht Schon sieben Geldautomaten-Sprengungen in Rheinland-Pfalz

Mainz · Sie hinterlassen oft hohen Sachschaden - machen aber nicht immer Beute. Geldautomaten-Sprenger halten die Ermittler auf Trab. Die Kreditwirtschaft sieht sich gefordert. Videokameras, Einfärbe-Systeme und Gasdetektoren sollen im Kampf gegen diese Attacken helfen.

Explosionen in der Nacht: Schon sieben Geldautomaten-Sprengungen in Rheinland-Pfalz
Foto: dpa/Arnulf Stoffel

Die rabiaten Täter kommen in der Nacht, nehmen wenig Rücksicht und brausen unerkannt davon: Sprengungen von Geldautomaten halten die Polizei in Rheinland-Pfalz auch 2019 weiter in Atem. Sieben Mal schlugen die Täter in diesem Jahr bereits zu. Auch im benachbarten Saarland sowie in Luxemburg waren sie schon aktiv. Die Ermittler gehen von professionellen Banden aus, die aus den Niederlanden und aus Polen kommen; es gebe aber auch Trittbrettfahrer.

In drei der sieben Fälle in Rheinland-Pfalz blieb es beim Versuch. Die Höhe des gesamten Sachschadens sei noch unklar, sagte eine Sprecherin des Landeskriminalamts (LKA) in Mainz. Zur Höhe der Beute machte sie keine Angaben.

Zuletzt sprengten Unbekannte in Landau am frühen Freitagmorgen einen Automaten und richteten erheblichen Schaden an dem Gebäude der Bankfiliale an. Nur zwei Tage zuvor hatten Täter in einem Büro- und Geschäftshaus in Bad Neuenahr-Ahrweiler zugeschlagen und auch dabei viel Sachschaden verursacht.

Zuvor war Wörth am Rhein (Kreis Germersheim) im Visier von Kriminellen. Am 15. Februar sprengten sie ein Gerät in einem Einkaufszentrum. In derselben Nacht wurden im Saarland zwei Sprengungen vorbereitet. In einem Fall kam ein Zeuge den Tätern in die Quere. Auch beim zweiten Automat blieb die Explosion aus. Einen Tag später war ein Automat im luxemburgischen Wintger an der Reihe. Er stand in einem Medizinischen Zentrum und wurde durch die Explosion aus der Verankerung gerissen.

Im vergangenen Jahr hat das Mainzer LKA 26 Taten in Rheinland-Pfalz registriert: 9 versuchte und 17 vollendete Sprengungen. Den Sachschaden beziffert es auf rund zwei Millionen Euro. 2017 waren es 23 Taten, bei 12 davon blieb es beim Versuch. Die Höhe des damaligen gibt das LKA mit rund 875 000 Euro an. Zur Beute sagen die Ermittler nichts. „Die durch die Straftaten verursachten Sachschäden übersteigen die Beuteschäden in vielen Fällen deutlich“, heißt es jedoch im Bundeslagebild „Angriffe auf Geldautomaten“ für 2017 des Bundeskriminalamts (BKA).

In den Niederlanden wurde im vergangenen Sommer aufgrund eines Haftbefehls der Staatsanwaltschaft Mainz ein Verdächtiger festgenommen, wie die Sprecherin der Behörde, Andrea Keller, sagte. Die Staatsanwaltschaft in der rheinland-pfälzischen Landeshauptstadt ist für alle Geldautomatensprengungen im Bundesland zuständig.

Die niederländischen Strafverfolgungsbehörden hätten den Haftbefehl jedoch zunächst außer Vollzug gesetzt und der Beschuldigte sei inzwischen untergetaucht. Nach ihm werde gefahndet. Drei andere mit Haftbefehl des Amtsgerichts Mainz gesuchte Verdächtige saßen in den Niederlanden in Haft - wann die Männer nach Deutschland ausgeliefert würden, sei ungewiss, sagte die Leitende Oberstaatsanwältin.

Im Oktober 2018 wurde ein anderer Beschuldigter in Spanien festgenommen und inzwischen nach Deutschland ausgeliefert. Das Ermittlungsverfahren werde bald abgeschlossen sein, ergänzte Keller. Er soll mindestens an zwei Geldautomatensprengungen, davon eine in Mainz, beteiligt gewesen sein. Zudem soll er wenigstens in einem Fall zusammen mit den anderen vier Männern für eine Sprengung in Karlsruhe verantwortlich sein.

Dass seit Jahren die Zahl der Sprengungen steigt, hat dem BKA zufolge auch mit der Präventionsarbeit in Nachbarländern zu tun: „Der deutliche Anstieg ab dem Jahr 2016 ist insbesondere auf einen Verdrängungseffekt aus den Niederlanden und dortiger technischer Sicherungsmaßnahmen zurückzuführen.“

Die Deutsche Kreditwirtschaft betont jedoch, es gebe keine allgemeingültigen Präventionsmaßnahmen. Je nach Standort seien Einbruchmeldeanlagen, Videoüberwachung, Abriss- und Erschütterungsmelder an den Geldautomaten sowie spezielle Einbruchssicherungen an Fenstern und Zugangstüren geeignet, um Sprengungen zu verhindern, stellt die Kreditwirtschaft fest. Der Einsatz von Einfärbe-Systemen oder Gasdetektoren gehöre auch dazu.

Allerdings sieht die Kreditwirtschaft auch Grenzen der Prävention: „Bei Angriffen auf Geldautomaten in den Niederlanden und Belgien zeigte sich, dass statt explosionsfähiger Luft-Gas-Gemische mehr Festsprengstoffe verwendet werden.“ Dies sei Besorgnis erregend, weil das Gefahrenpotenzial gegenüber Menschen und Gebäuden dadurch erheblich steige.

(dpa)
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