Streit um Echternacher Prozession Springprozession bald ohne Kinder?

Echternach · Die Trennung von Religion und Staat in Luxemburg entfacht eine neue Polemik. Es geht um Ferienkalender und Kulturerbe.

 Bisher konnten Kinder bei der Echternacher Springprozession immer mitspringen. Nun soll der Pfingstdienstag kein Feiertag mehr sein.

Bisher konnten Kinder bei der Echternacher Springprozession immer mitspringen. Nun soll der Pfingstdienstag kein Feiertag mehr sein.

Foto: dpa/Thomas Frey

Tausende Menschen in weißem Oberteil, die in Reihen und über ein Tuch verbunden, von links nach rechts springen: Jedes Jahr am Pfingstdienstag zieht die Echternacher Springprozession (siehe Info-Kasten) durch die gleichnamige luxemburgische 5500-Einwohner-Stadt. Auch viele Kinder und Jugendliche aus dem ganzen Land machen da mit. Doch in zwei Jahren könnte der Altersdurchschnitt der Teilnehmer nach oben korrigiert werden. Denn laut Schulkalender fällt im Jahr 2019 Pfingstdienstag nicht in die Schulferien.

Bisher wurden in einem solchen Fall alle luxemburgischen Schüler vom Unterricht befreit. Doch seit 2013 greift im Großherzogtum die Trennung von Kirche und Staat. Reguläre Feiertage wie Weihnachten oder Ostern gelten immer noch, auch wenn sie einen religiösen Ursprung haben. Doch mit Sonderregelungen wie dem schulfreien Pfingstdienstag ist jetzt Schluss.

Für den veranstaltenden Willibrordus-Bauverein ist diese Entscheidung schädlich. „Der Beschluss, diese Gewohnheit des freien Schultags einzuschränken, wird eine Zäsur darstellen“, bedauert Vereinsmitglied Pierre Kauthen. „Wenn eine Tradition auch nur kurz unterbrochen wird, verschwinden schnell langjährige Gepflogenheiten und Bindungen.“ Umso bitterer ist für ihn die Situation, da er in der Arbeitsgruppe war, die den Antrag für die Klassifizierung der Springprozession bei der Unesco erarbeitete. Mit Erfolg: 2010 wurde sie als immaterielles Kulturerbe anerkannt. Spätestens damit solle klar sein, dass es sich bei der Springprozession „nicht nur um eine religiöse Veranstaltung handelt, sondern auch um eine kulturelle, die zum Kulturerbe und Identität der ganzen Großregion gehört“, sagt Kauthen und warnt: „Die Folgen werden unausbleiblich sein: Die Zahl der Luxemburger Pilger wird abnehmen. Die Schulklassen aus dem deutschen Grenzgebiet hingegen, die sich mit ihrem Lehrpersonal jedes Jahr anmelden, werden das Bild der Prozession prägen.“

Beim luxemburgischen Bildungsministerium wundert man sich über diese Verärgerung. Die Mehrheit der luxemburgischen Schüler würde an dem Tag ohnehin nicht nach Echternach kommen. Ein landesweit schulfreier Tag stelle die Familien vor logistische Herausforderungen. „Die meisten Eltern arbeiten an diesem Tag, so dass die Betreuung der Schüler, die sich nicht an der Prozession beteiligen, sowieso gewährleistet werden muss“, sagt Ministeriumssprecherin Myriam Bamberg. Außerdem sei die Abwesenheit von Schülern aus religiösen Gründen in einer ministerialen Verordnung geregelt. „Diese gilt für religiöse Feste aller Konfessionen. Die Abwesenheit wird toleriert, wenn die Eltern die Schule darüber informieren und eine Entschuldigung für ihr Kind schreiben“, sagt Bamberg weiter. In der Stadt Echternach selbst wird eine Ausnahme gemacht. Dort bleibt der Pfingstdienstag schulfrei. Damit ist für den Veranstalter das Problem aber nicht gelöst. „Wenn Eltern zu Beginn der anstehenden Prüfungszeit für ihre Kinder zwischen Schulbesuch und Beteiligung an der Springprozession entscheiden müssen, hat der Schulbesuch verständlicherweise vielfach den Vorrang“, meint Pierre Kauthen. „Viele Schulkinder, die das jugendliche Bild der Springprozession in den vergangenen Jahren geprägt haben, werden fehlen. Die Prozession wird weiterbestehen, aber was wir beanstanden ist die Tatsache, dass sie auf eine banale, lokale Veranstaltung herab gewürdigt wird.“

Unbehelligt davon sind die Schüler des deutsch-luxemburgischen Schengen-Lyzeums in Perl. Dort ist der Pfingstdienstag nach wie vor schulfrei.

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