Internationales Figurentheaterfestival Charleville lässt die Puppen tanzen

Charleville-Mézières · 95 Ensembles treten beim Internationalen Marionettenfestival in den Ardennen auf.

 Alle zwei Jahre geht in Charleville-Mézières das Internationale Puppentheaterfestival über die Bühne.

Alle zwei Jahre geht in Charleville-Mézières das Internationale Puppentheaterfestival über die Bühne.

Foto: Tourismuszentrale Ardennen/David Truillard

Figuren-Theater ist etwas für Kinder – so das Klischee. Beim Internationalen Puppentheater-Festival in Charleville-Mézières in den Ardennen zeigt sich die ganze Brandbreite einer oft unterschätzten Kunstart. Auch wenn sich manche Stücke gezielt an ein junges Publikum richten, sind längst nicht alle aufgeführten Geschichten kinderleicht und werden eher erwachsenen Gästen empfohlen. Etwa das Abenteuer der jüdischen Stickerin Bryna, die sich - von Heimweh getrieben - von Europa auf den Weg nach Israel macht („La Brodeuse“, Company Babit, Israel). Oder das Stück „Mahabharata“, in dem der Zuschauer in die Köpfe der 13 Protagonisten blickt auf der Suche nach Antworten auf die Frage, warum sich Menschen immer wieder bekriegen (Company Katkatha, Indien).

Die Eröffnung an diesem Samstag wird von den Straßenkünstlern der Company Picto Facto aus Südfrankreich gestaltet, die vor allem durch ihre Animationen beim Lichtfest von Lyon bekannt wurde. Insgesamt stellen 95 Ensembles aus 25 Ländern dieses Jahr ihre Stücke in Charleville-Mézières vor. Gastland dieser Ausgabe ist Finnland. Aus Deutschland zeigen unter anderem das Figurentheater Tübingen und das Theater Waidspeicher aus Erfurt ihre neuesten Kreationen.

In den rund 400 Vorstellungen im offiziellen Teil bedienen die Künstler nicht nur Figuren und Handpuppen, wie man es vom klassischen Kasperletheater kennt. Schattenfiguren, menschengroße Gestalten sowie Figuren aus Eis oder aus Ton, von lustigen Streichen für Kleinkinder bis zu nachdenklichen, poetischen Darbietungen aus Asien und Afrika: Das Festival spricht verschiedene Gruppen an. Immer häufiger werden auch klassische Stücke aus der Literatur und dem Theater von den Puppenspielern neu adaptiert. Dieses Jahr sind unter anderem Werke von Anton Tschechow und Marguerite Duras neu zu entdecken. Das Angebot – sowohl im offiziellen Programm als auch in den oft kostenlosen Rahmenanimationen („Festival off“) – lässt die Grenzen zwischen den Genres verschwimmen. In den meisten Stücken stehen die Marionetten nicht mehr alleine für sich auf der Bühne, sondern werden von anderen Formen wie Zirkus, Bildender Kunst und Tanz ergänzt. Neun Tage lang ziehen die Marionetten in die ganze Stadt ein. Jede Straße, jeder Platz wird von den Künstlern in eine Bühne verwandelt. Jedes Jahr kommen zirka 170 000 Besucher zum Festival.

Für das Fachpublikum ist das Festival von Charleville-Mézières auch das größte Treffen der Branche weltweit. Dieses Jahr stehen 14 internationale Premieren an. Dass sich die Welt des Puppentheaters alle zwei Jahre in unserer Nachbarregion Grand Est trifft, ist kein Zufall. Denn in den Ardennen befindet sich Frankreichs einzige Kunsthochschule, die sich dem Marionettentheater widmet. Genauso wie die Künstler, die während des Festivals auftreten, kommen die Bewerber für das dreijährige Studium aus allen Kontinenten. Von jährlich rund 200 Bewerbungen werden 13 Studenten aufgenommen. Sie laden das Publikum auch ein, einen Blick hinter die Kulissen zu werfen.

Das Festival findet vom 16. bis zum 24. September statt. Das Programm gibt’s unter www.festival-marionnette.com.

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