Sherlock Holmes lockt nach Saarbrücken Fantreffen mit Pfeife und Havelock-Mantel

Saarbrücken · Bei der Saarbrücker „Sherlocon“ treffen sich Verehrer von Sherlock Holmes aus mehreren Ländern. Viele kommen in historischen Kostümen.

 Gekleidet wie im späten 19. Jahrhundert, als Arthur Conan Doyle seinen Sherlock Holmes erfand: Fans des Meisterdetektivs am Freitag beim Start der „Sherlocon“ im Saarbrücker Lokal Baker Street.

Gekleidet wie im späten 19. Jahrhundert, als Arthur Conan Doyle seinen Sherlock Holmes erfand: Fans des Meisterdetektivs am Freitag beim Start der „Sherlocon“ im Saarbrücker Lokal Baker Street.

Foto: BeckerBredel

Sherlock Holmes wartet in der Mainzer Straße auf Doktor Watson. Der Meisterdetektiv ist ein großgewachsener Mann. Mehr als sechs Fuß hoch. So steht es in „Eine Studie in Scharlachrot“, dem aller­ersten Roman über ihn, erschienen 1887. In der Realität sieht Holmes noch größer aus.

Olaf Maurer misst 2,06 Meter. Der Vorsitzende der Deutschen Sherlock-Holmes-Gesellschaft hat sich am Freitag in die weltberühmte Figur des Schriftstellers Arthur Conan Doyle verwandelt. Deerstalker-Mütze. Havelock-Mantel. Pfeife. So präsentiert Maurer sich vor dem Baker Street Pub. Benannt nach der Adresse von Sherlock Holmes. Gleich beginnt die „Sherlocon“. Zeit also, dass Watson auftaucht.

 Die „Sherlocon“ findet an diesem Wochenende zum dritten Mal in Saarbrücken statt.

Die „Sherlocon“ findet an diesem Wochenende zum dritten Mal in Saarbrücken statt.

Foto: BeckerBredel

Die „Sherlocon“ ist so etwas wie ein Kirchentag für Sherlockianer, eine der kleineren Konfessionen der Populärkultur. Sie findet an diesem Wochenende zum dritten Mal in Saarbrücken statt. Offiziell eröffnet wird die Veranstaltung an diesem Samstag um 10 Uhr im VHS-Zentrum der Landeshauptstadt. Dort gibt es Vorträge, Lesungen, eine Verlagsmesse. Bei freiem Eintritt.

Darüber hinaus bietet die „Sherlocon“ einen Hörspiel-Workshop, ein Krimi-Dinner im Saarbrücker Schloss und einen Kinoabend im Filmhaus. Für 75 Euro, mit Dinner: 149 Euro. Bis gestern waren 120 Tickets verkauft, hauptsächlich an Besucher aus Deutschland und den Nachbarländern. 2016 kamen auch Sherlockianer aus Tschechien oder Dänemark.

 Die „Sherlocon“ findet an diesem Wochenende zum dritten Mal in Saarbrücken statt.

Die „Sherlocon“ findet an diesem Wochenende zum dritten Mal in Saarbrücken statt.

Foto: BeckerBredel

Dass die Verehrung für den Meisterdetektiv ausgerechnet im Saarland ein Zentrum gefunden hat, liegt an Nicole und Silvia Glücklich. Das Ehepaar aus Ottweiler-Fürth führt mit Olaf Maurer, der in Ludwigshafen lebt, die Holmes-Gesellschaft. Das klingt nach graumelierten Bildungsbürgern und Besserwissern in Tweed. Doch die neueren Kinofilme von Guy Ritchie und die „Sherlock“-Serie der BBC mit Benedict Cumberbatch haben Holmes wieder für ein breites Publikum interessant gemacht. „Durch die BBC-Serie sind viele junge Leute zu uns gekommen“, sagt Nicole Glücklich (36). Zwei Jahre haben sie und ihre Mitstreiter in die Neuauflage der „Sherlocon“ investiert.

Was fasziniert sie an Sherlock Holmes? „Ich finde ihn immer noch aktuell, die Figur ist das Vorbild für alle Detektive heute“, meint die Organisatorin. Den „Charakter Holmes“ hält sie für zeitlos. Trotzdem trägt Glücklich am Freitag ein historisches Kostüm. Um 1900. So wie viele Besucherinnen. Manche von ihnen wedeln sich mit Fächern kühle Luft zu. Andere halten ein Smartphone in der Hand, die Kamera im Selfie-Modus, um die Steckfrisur zu richten.

Wie lässt sich diese Freizeitgestaltung einordnen? „Sherlock Holmes besetzt eine Nische“, sagt Julian Blomann, Kulturwissenschaftler und Inhaber der Agentur Erlebnisraum, die Krimi-Dinner organisiert – auch bei der „Sherlocon“. Blomann zählt das Treffen der Sherlockianer zum „bunten Strauß der historisch und fantastisch orientierten Veranstaltungen“ – wie der Fark in Landsweiler-Reden. Deren Zahl sieht er seit den Neunzigerjahren ansteigen. „Unsere heutige Welt bedient bestimmte Bedürfnisse des Menschen nicht mehr“, ist Blomann überzeugt: „Die Kirchen verlieren ihre Kirchgänger, aber gleichzeitig strömen die Leute zu Veranstaltungen, bei denen sie Rituale nachspielen.“ Die Gemeinschaft spiele dabei eine riesige Rolle.

Jean-Christophe Remont ist eigens aus Paris zur „Sherlocon“ angereist. In der französischen Hauptstadt leitet der 51-Jährige den „Cercle Holmésien de Paris“ mit 25 Mitgliedern. In seiner Heimat interessiere man sich für Holmes, „aber weniger als in England oder Deutschland“, berichtet Remont. Den als Detektiv verkleideten Olaf Maurer begrüßt er herzlich. Als Watson kann der Franzose ihm leider nicht dienen. Statt Karo trägt er ein schlichtes schwarzes T-Shirt.

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