Beliebtes Luxemburg Luxemburg erzielt Rekord bei Einbürgerungen

Luxemburg · Die Luxemburger Staatsangehörigkeit war im vergangenen Jahr sehr begehrt – vor allem bei Menschen aus Brasilien. Grund war ein Gesetz, das einer bestimmten Personengruppe die Einbürgerung erleichterte.

 Beliebtes Land: Im vergangenen Jahr wollten besonders viele Brasilianer einen Luxemburger Pass.

Beliebtes Land: Im vergangenen Jahr wollten besonders viele Brasilianer einen Luxemburger Pass.

Foto: dpa/Ronald Wittek

Als Anfang Januar die Stadt Luxemburg alle 5111 Einwohner, die von Januar bis Oktober 2018 die Luxemburger Staatsangehörigkeit erworben hatten, eingeladen hatte, mussten sie das Zelt des Adventszirkus nutzen, um die große Zahl der Neu-Luxemburger in einem festlichen Rahmen zu begrüßen. Denn mehr als fünf Prozent der Einwohner der Stadt waren betroffen. So viele Einbürgerungen hatte es in Luxemburg nie zuvor gegeben – und auch nicht in einem anderen europäischen Land in so kurzer Zeit. Das Großherzogtum hatte es allerdings dringend nötig, bei einem Ausländeranteil von fast 48 Prozent den Anteil der Einheimischen auch mit Einbürgerungen wieder etwas zu heben.

Die Zahl der eingereichten Anträge auf Erwerb der Staatsangehörigkeit durch Wiedereinbürgerung im Jahre 2018 erreichte einen neuen Rekord. In nur einem Jahr hat die Stadt Luxemburg 6000 Einwohnern einen Luxemburger Pass verliehen. Beliebt war die Luxemburger Staatsangehörigkeit vor allem in Brasilien. Wenn man den Zahlen des Luxemburger „CityMag“ glauben darf, das allein für die Hauptstadt 926 Einbürgerungsurkunden von Luxemburgern brasilianischer Herkunft innerhalb der ersten zehn Monate von 2018 nennt, muss man davon ausgehen, dass im gesamten Großherzogtum die Zahl der Neubürger aus Brasilien 2018 fünf Mal so hoch war, also bei mehr als 4000 lag.

Ein Gesetz, das 2008 verabschiedet wurde und noch bis zum 1. Januar 2019 in Kraft war, ermöglichte es den Nachkommen von Luxemburger Auswanderern des 19. Jahrhunderts die Staatsbürgerschaft des Großherzogtums zu bekommen – ohne Sprachtests und Bürgerkurse besucht zu haben und ohne jemals in Luxemburg gelebt zu haben. Jemand musste nur anhand einer Geburtsurkunde des Großherzogtums nachweisen, dass einer seiner Vorfahren am 1. Januar 1900 Luxemburger war. Das waren in der Regel alle Nachkommen der Emigranten, denn bis ins 20. Jahrhundert gab es keine konsularische Vertretung Luxemburgs in Brasilien.

Die in Luxemburg ansässige Genealogische Gesellschaft „Luxroots“ um die Familie Eicher war in den letzten Jahren eine wichtige Anlaufstelle für die Nachkommen der Luxemburger Auswanderer, die wieder Luxemburger werden wollten. Diese konnte vielen Familien helfen. Insgesamt könnten nach Schätzungen von Bevölkerungswissenschaftlern 30 000 heutige Brasilianer von der Möglichkeit als Berechtigte oder deren Angehörigen wieder Luxemburger zu werden, Gebrauch machen.

Hunderte Luxemburger wanderten im 19. Jahrhundert nach Brasilien aus, auf der Sache nach einem besseren Leben oder um ihre Religion besser leben zu können. Vor allem Menschen aus der Moselgegend, wo nach einigen Jahren schlechter Ernten der Hunger herrschte, und aus den Dörfern im Osten Luxemburgs, die vom Brasilien-Fieber in der benachbarten preußischen Eifel angesteckt worden waren, suchten mit diesen zusammen in Brasilien eine neue Heimat. Eine Gruppe von Auswanderern aus der Mosel und Sauergegend unter Leitung des Moersdorfer Auswanderers Mathias Schaeffer gründete 1848 im brasilianischen Bundesstaat Espirito Santo einen Ort, den sie nach ihrer alten Heimat nannten: Luxemburgo. Aus den damals 48 Familien sind heute im Bundesstaat Espirito Santo dank eines immensen Kinderreichtums Nachkommen von 5000 bis 8000 Menschen geworden.

Aber bereits seit 1824, als in Brasilien noch unter dem Kaiserreich die Einwanderung von Europäern begann, waren vereinzelt auch Luxemburger ihren preußischen Nachbarn nach Brasilien gefolgt. Die damaligen Auswanderer zogen jedoch fast alle in den südlichen Bundesstaat Rio Grande do Sul, dessen Grenzen noch nicht fest waren, und wo deshalb viele Bürgerkriege stattfanden. Die Siedlung Walachei, die neben dem Ort Jammerthal liegt, zählt noch heute zu den urigsten Siedlungen in ganz Rio Grande do Sul, wo noch das alte Hunsrückisch, die Sprache der Auswanderer aus der Eifel und dem Hunsrück, gesprochen wird. Ein Film der Filmemacherin Rejane Zilles über diesen Ort in Hunsrückisch, das sehr stark dem Letzeburgischen ähnelt, schaffte es 2009 bis in das Vorprogramm der Berlinale.

In den 1850er und 1860er Jahren zogen katholische Auswanderer aus der Gegend von Vianden, vermittelt durch den Viandener Auswanderungsagenten Nikolaus Hiertz, nach Brasilien, vor allem nach Rio Grande do Sul und Santa Catarina. Ein Nachkomme dieser Einwanderer war João Cláudio Colling (1913-1992), Erzbischof von Porto Alegre. Verwandte von ihm haben den Weg zurück nach Luxemburg gefunden. Die Erzdiözese Florianópolis im brasilianischen Bundesstaat Santa Catarina bereitet für Maria Amida Kammers (1941-1961), die bei einem Vergewaltigungsversuch in Santa Catarina ermordet wurde und Nachkomme in vierter Generation von Auswanderern aus Putscheid war, ein Seligsprechungsverfahren vor. Auch der Stadtverbandspräsident von Novo Hamburg in Rio Grande, Felipe Kuhn Braun (31), hat bereits einen Luxemburger Pass.

Die Nachkommen der deutschen Auswanderer nach Brasilien sollen sich heute auf sieben bis zehn Millionen belaufen. Wenn Deutschland ein ähnliches Gesetz wie sein Nachbarland Luxemburg zum Rück-Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit verabschieden würde, wären die demographischen Sorgen und der Arbeitskräftemangel in Deutschland bald beseitigt – dank einer Bevölkerungsgruppe, die keinerlei Eingliederungsprobleme hätte.

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