Zustand der SPD In großer Sorge um „seine“ SPD

Homburg/Beeden · Gerhard Wagner feiert am Freitag seinen 70. Geburtstag. Doch der langjährige SPD-Kämpfer macht sich so seine Gedanken um seine Partei. Er wünscht sich, dass bald wieder Ruhe einkehrt.

 Beedens Ortsvertrauensmann Gerhard Wagner wird am Freitag 70 Jahre alt. Er ist in Homburg seit Jahrzehnten aktiv – hier ein Bild von einem früheren Heringsessen. Wagner macht sich Sorgen um die SPD.

Beedens Ortsvertrauensmann Gerhard Wagner wird am Freitag 70 Jahre alt. Er ist in Homburg seit Jahrzehnten aktiv – hier ein Bild von einem früheren Heringsessen. Wagner macht sich Sorgen um die SPD.

Foto: Thorsten Wolf

Urgestein sagt man gerne, wenn man von jemandem spricht, der etwas aus Leidenschaft und schon lange tut. Gerhard Wagner ist so ein politisches Urgestein – ohne Frage. Er hat so manche Kämpfe ausgefochten. 70 Jahre alt wird er an diesem Freitag und deswegen ist er auch in die Homburger Redaktion gekommen. Groß feiern will er diesen Geburtstag mit seinen Beedern und weiteren Freunden – morgens mit Kindergarten und Grundschule, abends mit Ehrenamtlichen im Hasenheim. Seit Jahrzehnten ist er hier Ortsvertrauensmann. Seit 1963 ist er Mitglied der SPD, ein überzeugtes bis heute.

Doch am Rande des Gesprächs über seinen Ehrentag wird deutlich: Wagner macht sich große Sorgen um seine Partei, um die Homburger Genossen genauso wie um die Sozialdemokraten bundesweit.

Als gebürtiger Homburger mache er sich „viele Gedanken um seine Heimatstadt“. Er hoffe, „dass hier bald wieder Ruhe eingekehrt und die Führungsspitze die Arbeit macht, für die sie gewählt wurde“. Er stelle sich nach wie vor die Frage, ob die jetzige Führung der Stadt noch „in der Lage ist, Homburg ordentlich zu regieren“. Das hatte er kürzlich bereits beim Beeder Aschermittwochs-Heringsessen zur Sprache gebracht (wir berichteten).

Vor allem, so Wagner, wünsche er sich keine Allein-Entscheidungen mehr, sondern solche, die von der demokratischen Mehrheit im Stadtrat getroffen werden. Wichtige Dinge sollten konstruktiv und unter Einbeziehung der Gremien entschieden werden, machte er weiter deutlich.

Es ruckelt gehörig in der SPD. Oberbürgermeister Rüdiger Schneidewind, auch SPDler, steht wegen der Detektivaffäre unter Druck. Die Staatsanwaltschaft hat nach monatelangen Ermittlungen Anklage gegen den OB erhoben. Er soll sich wegen Untreue in Höhe von rund 100 000 Euro zum Nachteil der Stadt vor Gericht  verantworten. Der Rathauschef hatte Ende 2015 über mehrere Wochen hinweg ein Detektivbüro zur Überwachung von Mitarbeitern des Baubetriebshofs engagiert, ohne den Stadtrat darüber zu informieren. Der Stadt entstanden Kosten von etwa 330 000 Euro. Das ist das eine.

In der Fraktion dreht sich das Personalkarussell: Wagner selbst hatte sich im November vom Vorsitz der SPD im Homburger Stadtrat zurückgezogen – für viele unerwartet und unter anderem mit der Begründung, er sei mit anderen Dingen ausgelastet: etwa als Ortsvertrauensmann, als Vorsitzender des Biotopvereins und des SPD-Ortsvereins Beeden sowieso  auch als Geschäftsmann. Sein Wunschkandidat als Nachfolger, Salvatore Vicari, ebenfalls ein Beeder, lehnte ab – aus beruflichen Gründen. Auf Wagner folgte schließlich Wilfried Bohn. Dieser hatte allerdings 2014 selbst zunächst abgewunken. Der Kirchenmann hatte sich damals Chancen auf das Amt des Dekans der protestantischen Kirchengemeinde ausgerechnet.

Nun wurde bekannt, dass innerhalb weniger Wochen sowohl Astrid Bonaventura als auch Heike Dooley, vielen als Heike Albrecht bekannt, ihre Ämter als Vize-Fraktionsvorsitzende der SPD im Stadtrat niederlegten (wir berichteten). Dass zwei stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende kurz hintereinander zurückgetreten sind, mache ihm schon Sorgen, unterstrich Wagner. Das gelte auch für die Tatsache, dass die SPD zum ersten Mal in dieser Periode in der jüngsten Stadtratssitzung überstimmt worden sei. Die SPD-Fraktion solle bestimmte Dinge wieder realistischer betrachten. Wagner hofft, „dass wir alles noch mal ins richtige Lot bekommen“.

Immerhin stehen in Homburg demnächst wichtige Entscheidungen an: Der Stadtrat hat zunächst  einmal den Haushalt fürs laufende Jahr zu beschließen. Zudem soll im Frühjahr/Frühsommer der Bürgermeister, der zweite Mann der Stadt, gewählt werden. Der jetzige Amtsinhaber von der CDU, Klaus Roth, ist ebenfalls im Visier der Staatsanwälte. Gegen ihn wird wegen des Tatverdachts der Untreue und des Betrugs ermittelt. Seine Amtszeit endet regulär in diesem Jahr. Und gegen Alt-OB Karlheinz Schöner (CDU) laufen bekanntlich auch Ermittlungen. Nicht außer Acht zu lassen: 2019 stehen Kommunalwahlen an.

Für Wagner geht es zwar immer erst einmal um Homburg, aber auch bundespolitisch positioniert er sich klar: Er wünsche sich eine große Koalition von CDU und SPD, die mittlerweile eigentlich gar nicht mehr möglich sei. Wenn nämlich am Sonntag Wahl wäre, dann würde es für eine solche Regierung nicht mehr reichen. Die Führungsspitze in Deutschland sollte zur Vernunft kommen, fordert er. Der langjährige SPD-Kämpfer Wagner ist also noch lange nicht müde.

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